Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.167. Die Wesen unter sich sind stets im Widerstreit, Das Leben, eins in Gott, ist außer ihm entzweit. In Gott sind wir geeint, und außer ihm geschieden; Ohn' ihn ist ew'ger Krieg, und durch ihn ew'ger Frieden. 168. Verzeiht, was ich gefehlt, ich hab' es gut gemeint, Daß ich euch nichts verhehlt, was meinem Geist erscheint. Ihr mögt es anders sehn, im eignen Licht erwacht; Ich freue mich, wenn ihr nur auf die Augen macht. 169. Sie sagen, werther Freund, du seist ein großer Heuchler; Das weiß ich nicht, doch das: du bist ein loser Schmeichler. Wie weit nun Heuchler sich und Schmeichler unterscheiden? Zusammen reimen doch, wenn unrein auch, die beiden. 167. Die Weſen unter ſich ſind ſtets im Widerſtreit, Das Leben, eins in Gott, iſt außer ihm entzweit. In Gott ſind wir geeint, und außer ihm geſchieden; Ohn' ihn iſt ew'ger Krieg, und durch ihn ew'ger Frieden. 168. Verzeiht, was ich gefehlt, ich hab' es gut gemeint, Daß ich euch nichts verhehlt, was meinem Geiſt erſcheint. Ihr moͤgt es anders ſehn, im eignen Licht erwacht; Ich freue mich, wenn ihr nur auf die Augen macht. 169. Sie ſagen, werther Freund, du ſeiſt ein großer Heuchler; Das weiß ich nicht, doch das: du biſt ein loſer Schmeichler. Wie weit nun Heuchler ſich und Schmeichler unterſcheiden? Zuſammen reimen doch, wenn unrein auch, die beiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0256" n="246"/> <div n="2"> <head>167.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Weſen unter ſich ſind ſtets im Widerſtreit,</l><lb/> <l>Das Leben, eins in Gott, iſt außer ihm entzweit.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>In Gott ſind wir geeint, und außer ihm geſchieden;</l><lb/> <l>Ohn' ihn iſt ew'ger Krieg, und durch ihn ew'ger Frieden.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>168.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Verzeiht, was ich gefehlt, ich hab' es gut gemeint,</l><lb/> <l>Daß ich euch nichts verhehlt, was meinem Geiſt erſcheint.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ihr moͤgt es anders ſehn, im eignen Licht erwacht;</l><lb/> <l>Ich freue mich, wenn ihr nur auf die Augen macht.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>169.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sie ſagen, werther Freund, du ſeiſt ein großer Heuchler;</l><lb/> <l>Das weiß ich nicht, doch das: du biſt ein loſer Schmeichler.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie weit nun Heuchler ſich und Schmeichler unterſcheiden?</l><lb/> <l>Zuſammen reimen doch, wenn unrein auch, die beiden.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [246/0256]
167.
Die Weſen unter ſich ſind ſtets im Widerſtreit,
Das Leben, eins in Gott, iſt außer ihm entzweit.
In Gott ſind wir geeint, und außer ihm geſchieden;
Ohn' ihn iſt ew'ger Krieg, und durch ihn ew'ger Frieden.
168.
Verzeiht, was ich gefehlt, ich hab' es gut gemeint,
Daß ich euch nichts verhehlt, was meinem Geiſt erſcheint.
Ihr moͤgt es anders ſehn, im eignen Licht erwacht;
Ich freue mich, wenn ihr nur auf die Augen macht.
169.
Sie ſagen, werther Freund, du ſeiſt ein großer Heuchler;
Das weiß ich nicht, doch das: du biſt ein loſer Schmeichler.
Wie weit nun Heuchler ſich und Schmeichler unterſcheiden?
Zuſammen reimen doch, wenn unrein auch, die beiden.
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