Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.155. Der Dichter wär' ein Gott, und zu beglückt sein Loß, Der kleine Welten schafft, wie Gott schuf Welten groß; Zu glücklich wär' er, wenn das was er schuf im Spiele, Ihm auf die Dauer so, wie Gott sein Werk, gefiele. Am Abend meint er zwar, daß wohlgemacht es sei, Doch die Zufriedenheit ist über Nacht vorbei. Dann wendet er sich ab dem, was er abgethan; Gott aber sieht sein Werk mit neuer Lust stets an, Und Neues schaffend, will er Altes nicht vergessen, Nur seiner Liebesmacht Unmeßbarkeit ermessen. 156. Die Selbsthochachtung wird zur Selbstverachtung treiben, Wie endlich Asche wird vom Feuer übrig bleiben. Ein Göttliches, o Mensch, mußt du in dir erkennen, Doch mußt du's nicht dein Selbst, du selbst mußt sein dich nennen. 155. Der Dichter waͤr' ein Gott, und zu begluͤckt ſein Loß, Der kleine Welten ſchafft, wie Gott ſchuf Welten groß; Zu gluͤcklich waͤr' er, wenn das was er ſchuf im Spiele, Ihm auf die Dauer ſo, wie Gott ſein Werk, gefiele. Am Abend meint er zwar, daß wohlgemacht es ſei, Doch die Zufriedenheit iſt uͤber Nacht vorbei. Dann wendet er ſich ab dem, was er abgethan; Gott aber ſieht ſein Werk mit neuer Luſt ſtets an, Und Neues ſchaffend, will er Altes nicht vergeſſen, Nur ſeiner Liebesmacht Unmeßbarkeit ermeſſen. 156. Die Selbſthochachtung wird zur Selbſtverachtung treiben, Wie endlich Aſche wird vom Feuer uͤbrig bleiben. Ein Goͤttliches, o Menſch, mußt du in dir erkennen, Doch mußt du's nicht dein Selbſt, du ſelbſt mußt ſein dich nennen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0245" n="235"/> <div n="2"> <head>155.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Dichter waͤr' ein Gott, und zu begluͤckt ſein Loß,</l><lb/> <l>Der kleine Welten ſchafft, wie Gott ſchuf Welten groß;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Zu gluͤcklich waͤr' er, wenn das was er ſchuf im Spiele,</l><lb/> <l>Ihm auf die Dauer ſo, wie Gott ſein Werk, gefiele.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Am Abend meint er zwar, daß wohlgemacht es ſei,</l><lb/> <l>Doch die Zufriedenheit iſt uͤber Nacht vorbei.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dann wendet er ſich ab dem, was er abgethan;</l><lb/> <l>Gott aber ſieht ſein Werk mit neuer Luſt ſtets an,</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und Neues ſchaffend, will er Altes nicht vergeſſen,</l><lb/> <l>Nur ſeiner Liebesmacht Unmeßbarkeit ermeſſen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>156.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Selbſthochachtung wird zur Selbſtverachtung treiben,</l><lb/> <l>Wie endlich Aſche wird vom Feuer uͤbrig bleiben.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ein Goͤttliches, o Menſch, mußt du in dir erkennen,</l><lb/> <l>Doch mußt du's nicht dein Selbſt, du ſelbſt mußt ſein dich nennen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [235/0245]
155.
Der Dichter waͤr' ein Gott, und zu begluͤckt ſein Loß,
Der kleine Welten ſchafft, wie Gott ſchuf Welten groß;
Zu gluͤcklich waͤr' er, wenn das was er ſchuf im Spiele,
Ihm auf die Dauer ſo, wie Gott ſein Werk, gefiele.
Am Abend meint er zwar, daß wohlgemacht es ſei,
Doch die Zufriedenheit iſt uͤber Nacht vorbei.
Dann wendet er ſich ab dem, was er abgethan;
Gott aber ſieht ſein Werk mit neuer Luſt ſtets an,
Und Neues ſchaffend, will er Altes nicht vergeſſen,
Nur ſeiner Liebesmacht Unmeßbarkeit ermeſſen.
156.
Die Selbſthochachtung wird zur Selbſtverachtung treiben,
Wie endlich Aſche wird vom Feuer uͤbrig bleiben.
Ein Goͤttliches, o Menſch, mußt du in dir erkennen,
Doch mußt du's nicht dein Selbſt, du ſelbſt mußt ſein dich nennen.
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