Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.90. Wer immer auf der Hut, sich zu vertheidigen, Nicht reizen darf den Feind und nicht beleidigen; Der hat wohl schlimmen Stand und üblen Feldwachposten, Wobei er wenig Ruh und süßen Schlaf wird kosten. Er möchte wünschen, wenn er dürfte, kurze Dauer Der Kampfentscheidung statt der langgespannten Lauer. So ist des Menschen Stand genüber dem Geschick, Vor dem er sicher ist nicht einen Augenblick. Angreifen darf er nicht, und nicht zurück sich ziehn, Nur stets gewärtig seyn, daß an der Feind greif' ihn. 90. Wer immer auf der Hut, ſich zu vertheidigen, Nicht reizen darf den Feind und nicht beleidigen; Der hat wohl ſchlimmen Stand und uͤblen Feldwachpoſten, Wobei er wenig Ruh und ſuͤßen Schlaf wird koſten. Er moͤchte wuͤnſchen, wenn er duͤrfte, kurze Dauer Der Kampfentſcheidung ſtatt der langgeſpannten Lauer. So iſt des Menſchen Stand genuͤber dem Geſchick, Vor dem er ſicher iſt nicht einen Augenblick. Angreifen darf er nicht, und nicht zuruͤck ſich ziehn, Nur ſtets gewaͤrtig ſeyn, daß an der Feind greif' ihn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0200" n="190"/> <div n="2"> <head>90.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wer immer auf der Hut, ſich zu vertheidigen,</l><lb/> <l>Nicht reizen darf den Feind und nicht beleidigen;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der hat wohl ſchlimmen Stand und uͤblen Feldwachpoſten,</l><lb/> <l>Wobei er wenig Ruh und ſuͤßen Schlaf wird koſten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er moͤchte wuͤnſchen, wenn er duͤrfte, kurze Dauer</l><lb/> <l>Der Kampfentſcheidung ſtatt der langgeſpannten Lauer.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>So iſt des Menſchen Stand genuͤber dem Geſchick,</l><lb/> <l>Vor dem er ſicher iſt nicht einen Augenblick.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Angreifen darf er nicht, und nicht zuruͤck ſich ziehn,</l><lb/> <l>Nur ſtets gewaͤrtig ſeyn, daß an der Feind greif' ihn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [190/0200]
90.
Wer immer auf der Hut, ſich zu vertheidigen,
Nicht reizen darf den Feind und nicht beleidigen;
Der hat wohl ſchlimmen Stand und uͤblen Feldwachpoſten,
Wobei er wenig Ruh und ſuͤßen Schlaf wird koſten.
Er moͤchte wuͤnſchen, wenn er duͤrfte, kurze Dauer
Der Kampfentſcheidung ſtatt der langgeſpannten Lauer.
So iſt des Menſchen Stand genuͤber dem Geſchick,
Vor dem er ſicher iſt nicht einen Augenblick.
Angreifen darf er nicht, und nicht zuruͤck ſich ziehn,
Nur ſtets gewaͤrtig ſeyn, daß an der Feind greif' ihn.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/200>, abgerufen am 16.02.2025. |