Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Und wozu dir versagt sind Augen oder Ohren,
Sei es für andre da, für dich ist es verloren.
So offenbart auch das der Geist dem Geiste nur,
Wofür empfänglich ist die geistige Natur.
Er glaubt daran und schwört, er hats gesehn, gehört;
Warum nun glaubest du, daß ihn ein Wahn bethört?
Gott hat nur anders ihn als dich es sehen lassen;
Weißt du, auf wieviel Art sich Gott läßt sehn und fassen?
Fass' ihn auf deine Art, fass' ihn auf deine recht!
So gut als solchen Herrn kann fassen solch ein Knecht.
Und dank' ihm, daß ins Aug' ihn jeder fassen darf,
Ob scharf ob blöd' es sei, was ist hier blöd' und scharf?
In wessen Auge sich ein Stral vom Herren spiegelt,
Der dient dem Herrn, sein Dienst ist ihm vom Herrn besiegelt.
Und wozu dir verſagt ſind Augen oder Ohren,
Sei es fuͤr andre da, fuͤr dich iſt es verloren.
So offenbart auch das der Geiſt dem Geiſte nur,
Wofuͤr empfaͤnglich iſt die geiſtige Natur.
Er glaubt daran und ſchwoͤrt, er hats geſehn, gehoͤrt;
Warum nun glaubeſt du, daß ihn ein Wahn bethoͤrt?
Gott hat nur anders ihn als dich es ſehen laſſen;
Weißt du, auf wieviel Art ſich Gott laͤßt ſehn und faſſen?
Faſſ' ihn auf deine Art, faſſ' ihn auf deine recht!
So gut als ſolchen Herrn kann faſſen ſolch ein Knecht.
Und dank' ihm, daß ins Aug' ihn jeder faſſen darf,
Ob ſcharf ob bloͤd' es ſei, was iſt hier bloͤd' und ſcharf?
In weſſen Auge ſich ein Stral vom Herren ſpiegelt,
Der dient dem Herrn, ſein Dienſt iſt ihm vom Herrn beſiegelt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0187" n="177"/>
            <lg n="3">
              <l>Und wozu dir ver&#x017F;agt &#x017F;ind Augen oder Ohren,</l><lb/>
              <l>Sei es fu&#x0364;r andre da, fu&#x0364;r dich i&#x017F;t es verloren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>So offenbart auch das der Gei&#x017F;t dem Gei&#x017F;te nur,</l><lb/>
              <l>Wofu&#x0364;r empfa&#x0364;nglich i&#x017F;t die gei&#x017F;tige Natur.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Er glaubt daran und &#x017F;chwo&#x0364;rt, er hats ge&#x017F;ehn, geho&#x0364;rt;</l><lb/>
              <l>Warum nun glaube&#x017F;t du, daß ihn ein Wahn betho&#x0364;rt?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Gott hat nur anders ihn als dich es &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
              <l>Weißt du, auf wieviel Art &#x017F;ich Gott la&#x0364;ßt &#x017F;ehn und fa&#x017F;&#x017F;en?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Fa&#x017F;&#x017F;' ihn auf deine Art, fa&#x017F;&#x017F;' ihn auf deine recht!</l><lb/>
              <l>So gut als &#x017F;olchen Herrn kann fa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olch ein Knecht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Und dank' ihm, daß ins Aug' ihn jeder fa&#x017F;&#x017F;en darf,</l><lb/>
              <l>Ob &#x017F;charf ob blo&#x0364;d' es &#x017F;ei, was i&#x017F;t hier blo&#x0364;d' und &#x017F;charf?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>In we&#x017F;&#x017F;en Auge &#x017F;ich ein Stral vom Herren &#x017F;piegelt,</l><lb/>
              <l>Der dient dem Herrn, &#x017F;ein Dien&#x017F;t i&#x017F;t ihm vom Herrn be&#x017F;iegelt.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0187] Und wozu dir verſagt ſind Augen oder Ohren, Sei es fuͤr andre da, fuͤr dich iſt es verloren. So offenbart auch das der Geiſt dem Geiſte nur, Wofuͤr empfaͤnglich iſt die geiſtige Natur. Er glaubt daran und ſchwoͤrt, er hats geſehn, gehoͤrt; Warum nun glaubeſt du, daß ihn ein Wahn bethoͤrt? Gott hat nur anders ihn als dich es ſehen laſſen; Weißt du, auf wieviel Art ſich Gott laͤßt ſehn und faſſen? Faſſ' ihn auf deine Art, faſſ' ihn auf deine recht! So gut als ſolchen Herrn kann faſſen ſolch ein Knecht. Und dank' ihm, daß ins Aug' ihn jeder faſſen darf, Ob ſcharf ob bloͤd' es ſei, was iſt hier bloͤd' und ſcharf? In weſſen Auge ſich ein Stral vom Herren ſpiegelt, Der dient dem Herrn, ſein Dienſt iſt ihm vom Herrn beſiegelt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/187
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/187>, abgerufen am 23.11.2024.