Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.49. Der Mensch ist nicht gemacht, zum Himmel aufzufliegen; Die Flügel fehlen ihm, sich vogelgleich zu wiegen, Und hätt' er Flügel auch, und fehlt' ihm nichts am Schwunge, Kein Vogel würd' er doch mit seiner Menschenlunge. Auf hohen Bergen schon geht ihm der Athem aus, Behaglich ist er nur auf mittlern Höhn zuhaus. Und füllt er seinen Ball mit Lüften oder Feuern, Und lernt durchs Meer der Luft alswie durchs andre steuern; Was hilfts ihm, wenn er auch nicht füllen zum Verbrauch Der Luftfart kann mit Luft zum Athmen einen Schlauch? Alswie ein Schiffer, eh er auf die bittern Bronnen Hinaus sich wagt, zuvor mit süßen füllt die Tonnen, Bis er sein Schifflein legt an einem Eiland an, Wie jener an dem Rand des Mondes seinen Kahn! 49. Der Menſch iſt nicht gemacht, zum Himmel aufzufliegen; Die Fluͤgel fehlen ihm, ſich vogelgleich zu wiegen, Und haͤtt' er Fluͤgel auch, und fehlt' ihm nichts am Schwunge, Kein Vogel wuͤrd' er doch mit ſeiner Menſchenlunge. Auf hohen Bergen ſchon geht ihm der Athem aus, Behaglich iſt er nur auf mittlern Hoͤhn zuhaus. Und fuͤllt er ſeinen Ball mit Luͤften oder Feuern, Und lernt durchs Meer der Luft alswie durchs andre ſteuern; Was hilfts ihm, wenn er auch nicht fuͤllen zum Verbrauch Der Luftfart kann mit Luft zum Athmen einen Schlauch? Alswie ein Schiffer, eh er auf die bittern Bronnen Hinaus ſich wagt, zuvor mit ſuͤßen fuͤllt die Tonnen, Bis er ſein Schifflein legt an einem Eiland an, Wie jener an dem Rand des Mondes ſeinen Kahn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0162" n="152"/> <div n="2"> <head>49.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Menſch iſt nicht gemacht, zum Himmel aufzufliegen;</l><lb/> <l>Die Fluͤgel fehlen ihm, ſich vogelgleich zu wiegen,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und haͤtt' er Fluͤgel auch, und fehlt' ihm nichts am Schwunge,</l><lb/> <l>Kein Vogel wuͤrd' er doch mit ſeiner Menſchenlunge.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Auf hohen Bergen ſchon geht ihm der Athem aus,</l><lb/> <l>Behaglich iſt er nur auf mittlern Hoͤhn zuhaus.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und fuͤllt er ſeinen Ball mit Luͤften oder Feuern,</l><lb/> <l>Und lernt durchs Meer der Luft alswie durchs andre ſteuern;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Was hilfts ihm, wenn er auch nicht fuͤllen zum Verbrauch</l><lb/> <l>Der Luftfart kann mit Luft zum Athmen einen Schlauch?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Alswie ein Schiffer, eh er auf die bittern Bronnen</l><lb/> <l>Hinaus ſich wagt, zuvor mit ſuͤßen fuͤllt die Tonnen,</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Bis er ſein Schifflein legt an einem Eiland an,</l><lb/> <l>Wie jener an dem Rand des Mondes ſeinen Kahn!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0162]
49.
Der Menſch iſt nicht gemacht, zum Himmel aufzufliegen;
Die Fluͤgel fehlen ihm, ſich vogelgleich zu wiegen,
Und haͤtt' er Fluͤgel auch, und fehlt' ihm nichts am Schwunge,
Kein Vogel wuͤrd' er doch mit ſeiner Menſchenlunge.
Auf hohen Bergen ſchon geht ihm der Athem aus,
Behaglich iſt er nur auf mittlern Hoͤhn zuhaus.
Und fuͤllt er ſeinen Ball mit Luͤften oder Feuern,
Und lernt durchs Meer der Luft alswie durchs andre ſteuern;
Was hilfts ihm, wenn er auch nicht fuͤllen zum Verbrauch
Der Luftfart kann mit Luft zum Athmen einen Schlauch?
Alswie ein Schiffer, eh er auf die bittern Bronnen
Hinaus ſich wagt, zuvor mit ſuͤßen fuͤllt die Tonnen,
Bis er ſein Schifflein legt an einem Eiland an,
Wie jener an dem Rand des Mondes ſeinen Kahn!
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