Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.145. Der schöpferische Geist fühlt sich nicht in der Welt Befriedigt, wo er nicht sich schöpferisch verhält. Arbeiten muß er drum entweder alle Frist, Weil Arbeit eine Art von Schöpfung immer ist; Wo nicht, so träumen wird er, denken oder dichten, Schöpfungen aus sich selbst vorrufen und vernichten. Doch nur ein Zeitvertreib ist dieses und ein Spiel, Ein Wirken höhrer Art ist sein gestecktes Ziel, Wo nicht die Wirklichkeit einengend mich umringt, Geschaffenheitsgefühl die Schöpferkraft bedingt. Willst du der Schöpfer seyn? Nein, aber dem Verein Der Schöpfungsgeister mitbeseligt mich anreihn. Wo ist der Weg dazu? In Demut hin zu wallen, Bis aus der Prüfung dich ruft Gottes Wohlgefallen. Im Kleinen wirke recht und bilde treu das Schöne, Damit an Höheres sich sanft der Trieb gewöhne. 145. Der ſchoͤpferiſche Geiſt fuͤhlt ſich nicht in der Welt Befriedigt, wo er nicht ſich ſchoͤpferiſch verhaͤlt. Arbeiten muß er drum entweder alle Friſt, Weil Arbeit eine Art von Schoͤpfung immer iſt; Wo nicht, ſo traͤumen wird er, denken oder dichten, Schoͤpfungen aus ſich ſelbſt vorrufen und vernichten. Doch nur ein Zeitvertreib iſt dieſes und ein Spiel, Ein Wirken hoͤhrer Art iſt ſein geſtecktes Ziel, Wo nicht die Wirklichkeit einengend mich umringt, Geſchaffenheitsgefuͤhl die Schoͤpferkraft bedingt. Willſt du der Schoͤpfer ſeyn? Nein, aber dem Verein Der Schoͤpfungsgeiſter mitbeſeligt mich anreihn. Wo iſt der Weg dazu? In Demut hin zu wallen, Bis aus der Pruͤfung dich ruft Gottes Wohlgefallen. Im Kleinen wirke recht und bilde treu das Schoͤne, Damit an Hoͤheres ſich ſanft der Trieb gewoͤhne. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0115" n="105"/> <div n="2"> <head>145.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der ſchoͤpferiſche Geiſt fuͤhlt ſich nicht in der Welt</l><lb/> <l>Befriedigt, wo er nicht ſich ſchoͤpferiſch verhaͤlt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Arbeiten muß er drum entweder alle Friſt,</l><lb/> <l>Weil Arbeit eine Art von Schoͤpfung immer iſt;</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wo nicht, ſo traͤumen wird er, denken oder dichten,</l><lb/> <l>Schoͤpfungen aus ſich ſelbſt vorrufen und vernichten.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Doch nur ein Zeitvertreib iſt dieſes und ein Spiel,</l><lb/> <l>Ein Wirken hoͤhrer Art iſt ſein geſtecktes Ziel,</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wo nicht die Wirklichkeit einengend mich umringt,</l><lb/> <l>Geſchaffenheitsgefuͤhl die Schoͤpferkraft bedingt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Willſt du der Schoͤpfer ſeyn? Nein, aber dem Verein</l><lb/> <l>Der Schoͤpfungsgeiſter mitbeſeligt mich anreihn.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wo iſt der Weg dazu? In Demut hin zu wallen,</l><lb/> <l>Bis aus der Pruͤfung dich ruft Gottes Wohlgefallen.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Im Kleinen wirke recht und bilde treu das Schoͤne,</l><lb/> <l>Damit an Hoͤheres ſich ſanft der Trieb gewoͤhne.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [105/0115]
145.
Der ſchoͤpferiſche Geiſt fuͤhlt ſich nicht in der Welt
Befriedigt, wo er nicht ſich ſchoͤpferiſch verhaͤlt.
Arbeiten muß er drum entweder alle Friſt,
Weil Arbeit eine Art von Schoͤpfung immer iſt;
Wo nicht, ſo traͤumen wird er, denken oder dichten,
Schoͤpfungen aus ſich ſelbſt vorrufen und vernichten.
Doch nur ein Zeitvertreib iſt dieſes und ein Spiel,
Ein Wirken hoͤhrer Art iſt ſein geſtecktes Ziel,
Wo nicht die Wirklichkeit einengend mich umringt,
Geſchaffenheitsgefuͤhl die Schoͤpferkraft bedingt.
Willſt du der Schoͤpfer ſeyn? Nein, aber dem Verein
Der Schoͤpfungsgeiſter mitbeſeligt mich anreihn.
Wo iſt der Weg dazu? In Demut hin zu wallen,
Bis aus der Pruͤfung dich ruft Gottes Wohlgefallen.
Im Kleinen wirke recht und bilde treu das Schoͤne,
Damit an Hoͤheres ſich ſanft der Trieb gewoͤhne.
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