Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.129. Ich preise laut die Stadt, die nicht zwar mich geboren, Und doch zum Bürger hat in Ehren mich erkoren, Nicht weil ich irgend mich verdient gemacht um sie Durch etwas anders als durch meine Poesie. Durch meine Poesie war mirs zuvor gelungen, Daß in derselben Stadt ich mir ein Weib errungen. Die Himmelspoesie hat eine ird'sche Kraft, Die zu Hauswirthschaft mir verhalf und Bürgerschaft. 130. Den höchsten Menschensinn, das Augenlicht zu missen, Gefangen wohnend in beständ'gen Finsternissen, Ist doch, Erfahrung spricht, das höchste Unglück nicht, Weil inneres ersetzt das äußerliche Licht. 129. Ich preiſe laut die Stadt, die nicht zwar mich geboren, Und doch zum Buͤrger hat in Ehren mich erkoren, Nicht weil ich irgend mich verdient gemacht um ſie Durch etwas anders als durch meine Poeſie. Durch meine Poeſie war mirs zuvor gelungen, Daß in derſelben Stadt ich mir ein Weib errungen. Die Himmelspoeſie hat eine ird'ſche Kraft, Die zu Hauswirthſchaft mir verhalf und Buͤrgerſchaft. 130. Den hoͤchſten Menſchenſinn, das Augenlicht zu miſſen, Gefangen wohnend in beſtaͤnd'gen Finſterniſſen, Iſt doch, Erfahrung ſpricht, das hoͤchſte Ungluͤck nicht, Weil inneres erſetzt das aͤußerliche Licht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0102" n="92"/> <div n="2"> <head>129.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich preiſe laut die Stadt, die nicht zwar mich geboren,</l><lb/> <l>Und doch zum Buͤrger hat in Ehren mich erkoren,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nicht weil ich irgend mich verdient gemacht um ſie</l><lb/> <l>Durch etwas anders als durch meine Poeſie.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Durch meine Poeſie war mirs zuvor gelungen,</l><lb/> <l>Daß in derſelben Stadt ich mir ein Weib errungen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Die Himmelspoeſie hat eine ird'ſche Kraft,</l><lb/> <l>Die zu Hauswirthſchaft mir verhalf und Buͤrgerſchaft.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>130.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Den hoͤchſten Menſchenſinn, das Augenlicht zu miſſen,</l><lb/> <l>Gefangen wohnend in beſtaͤnd'gen Finſterniſſen,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Iſt doch, Erfahrung ſpricht, das hoͤchſte Ungluͤck nicht,</l><lb/> <l>Weil inneres erſetzt das aͤußerliche Licht.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0102]
129.
Ich preiſe laut die Stadt, die nicht zwar mich geboren,
Und doch zum Buͤrger hat in Ehren mich erkoren,
Nicht weil ich irgend mich verdient gemacht um ſie
Durch etwas anders als durch meine Poeſie.
Durch meine Poeſie war mirs zuvor gelungen,
Daß in derſelben Stadt ich mir ein Weib errungen.
Die Himmelspoeſie hat eine ird'ſche Kraft,
Die zu Hauswirthſchaft mir verhalf und Buͤrgerſchaft.
130.
Den hoͤchſten Menſchenſinn, das Augenlicht zu miſſen,
Gefangen wohnend in beſtaͤnd'gen Finſterniſſen,
Iſt doch, Erfahrung ſpricht, das hoͤchſte Ungluͤck nicht,
Weil inneres erſetzt das aͤußerliche Licht.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/102>, abgerufen am 25.07.2024. |