Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.34. An einem Pfuhle sah ich sprudeln eine Quelle, So trüb sein Wasser war, so hell war ihre Welle. Durch einen schmalen Rand war sie von ihm geschieden, Wie vom Unedelsten das Edelste hienieden. Hat ihre Reinheit vom Unreinen sich genährt, Gesintert durch den Sand Unklares sich geklärt? Unschönes, so verschönt, wär' um nichts minder schön; Doch sieh, die Quelle springt, und deutet nach den Höhn. Nicht springen könnte sie, wenn sie nicht wär' entsprungen Von jenen Höhen, die dis niedre Thal umrungen. Sie ist ein schönes Bild, daß, was herab geboren Von dort ist, nie nach dort empor den Trieb verloren. Dis Angedenken hat die Reinheit ihr bewahrt, Ihr Wesen nahm nichts an von ihres Nachbarn Art. Laß dich die Nachbarschaft des Schlechten nur nicht kränken; Den Einfluß wehrt dir ab des Bessern Angedenken. 34. An einem Pfuhle ſah ich ſprudeln eine Quelle, So truͤb ſein Waſſer war, ſo hell war ihre Welle. Durch einen ſchmalen Rand war ſie von ihm geſchieden, Wie vom Unedelſten das Edelſte hienieden. Hat ihre Reinheit vom Unreinen ſich genaͤhrt, Geſintert durch den Sand Unklares ſich geklaͤrt? Unſchoͤnes, ſo verſchoͤnt, waͤr' um nichts minder ſchoͤn; Doch ſieh, die Quelle ſpringt, und deutet nach den Hoͤhn. Nicht ſpringen koͤnnte ſie, wenn ſie nicht waͤr' entſprungen Von jenen Hoͤhen, die dis niedre Thal umrungen. Sie iſt ein ſchoͤnes Bild, daß, was herab geboren Von dort iſt, nie nach dort empor den Trieb verloren. Dis Angedenken hat die Reinheit ihr bewahrt, Ihr Weſen nahm nichts an von ihres Nachbarn Art. Laß dich die Nachbarſchaft des Schlechten nur nicht kraͤnken; Den Einfluß wehrt dir ab des Beſſern Angedenken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0038" n="28"/> <div n="2"> <head>34.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>An einem Pfuhle ſah ich ſprudeln eine Quelle,</l><lb/> <l>So truͤb ſein Waſſer war, ſo hell war ihre Welle.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Durch einen ſchmalen Rand war ſie von ihm geſchieden,</l><lb/> <l>Wie vom Unedelſten das Edelſte hienieden.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Hat ihre Reinheit vom Unreinen ſich genaͤhrt,</l><lb/> <l>Geſintert durch den Sand Unklares ſich geklaͤrt?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Unſchoͤnes, ſo verſchoͤnt, waͤr' um nichts minder ſchoͤn;</l><lb/> <l>Doch ſieh, die Quelle ſpringt, und deutet nach den Hoͤhn.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Nicht ſpringen koͤnnte ſie, wenn ſie nicht waͤr' entſprungen</l><lb/> <l>Von jenen Hoͤhen, die dis niedre Thal umrungen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Sie iſt ein ſchoͤnes Bild, daß, was herab geboren</l><lb/> <l>Von dort iſt, nie nach dort empor den Trieb verloren.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Dis Angedenken hat die Reinheit ihr bewahrt,</l><lb/> <l>Ihr Weſen nahm nichts an von ihres Nachbarn Art.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Laß dich die Nachbarſchaft des Schlechten nur nicht kraͤnken;</l><lb/> <l>Den Einfluß wehrt dir ab des Beſſern Angedenken.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [28/0038]
34.
An einem Pfuhle ſah ich ſprudeln eine Quelle,
So truͤb ſein Waſſer war, ſo hell war ihre Welle.
Durch einen ſchmalen Rand war ſie von ihm geſchieden,
Wie vom Unedelſten das Edelſte hienieden.
Hat ihre Reinheit vom Unreinen ſich genaͤhrt,
Geſintert durch den Sand Unklares ſich geklaͤrt?
Unſchoͤnes, ſo verſchoͤnt, waͤr' um nichts minder ſchoͤn;
Doch ſieh, die Quelle ſpringt, und deutet nach den Hoͤhn.
Nicht ſpringen koͤnnte ſie, wenn ſie nicht waͤr' entſprungen
Von jenen Hoͤhen, die dis niedre Thal umrungen.
Sie iſt ein ſchoͤnes Bild, daß, was herab geboren
Von dort iſt, nie nach dort empor den Trieb verloren.
Dis Angedenken hat die Reinheit ihr bewahrt,
Ihr Weſen nahm nichts an von ihres Nachbarn Art.
Laß dich die Nachbarſchaft des Schlechten nur nicht kraͤnken;
Den Einfluß wehrt dir ab des Beſſern Angedenken.
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