Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Wenn du dich, ohne zu versinken, ganz versenkest, Ausdichtest spiegelglatt, was du durchsichtig denkest. Wie du ziehst von Natur den Athem aus und ein, Lern' auch im Geiste nur außen und innen seyn. 31. Sieh die Verfassungen der Völkerstaaten hie, Ameisenrepublik und Bienenmonarchie. Die fliegen in der Luft, die kriechen an der Erde; Die sammeln Blütenduft, die Körner mit Beschwerde. Dort waltet ein Gesetz, und hier ein Oberhaupt, Hier wird geschaut, was dort unsichtbar wird geglaubt. Der Bienenstaat ist hin, wann stirbt die Königinn; Ameisenreich besteht, unsterblich ist sein Sinn. Mit Andacht sammle du in reinlichen Geschirren Von Bienen Honigseim, und von Ameisen Mirren. Wenn du dich, ohne zu verſinken, ganz verſenkeſt, Ausdichteſt ſpiegelglatt, was du durchſichtig denkeſt. Wie du ziehſt von Natur den Athem aus und ein, Lern' auch im Geiſte nur außen und innen ſeyn. 31. Sieh die Verfaſſungen der Voͤlkerſtaaten hie, Ameiſenrepublik und Bienenmonarchie. Die fliegen in der Luft, die kriechen an der Erde; Die ſammeln Bluͤtenduft, die Koͤrner mit Beſchwerde. Dort waltet ein Geſetz, und hier ein Oberhaupt, Hier wird geſchaut, was dort unſichtbar wird geglaubt. Der Bienenſtaat iſt hin, wann ſtirbt die Koͤniginn; Ameiſenreich beſteht, unſterblich iſt ſein Sinn. Mit Andacht ſammle du in reinlichen Geſchirren Von Bienen Honigſeim, und von Ameiſen Mirren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0036" n="26"/> <lg n="6"> <l>Wenn du dich, ohne zu verſinken, ganz verſenkeſt,</l><lb/> <l>Ausdichteſt ſpiegelglatt, was du durchſichtig denkeſt.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wie du ziehſt von Natur den Athem aus und ein,</l><lb/> <l>Lern' auch im Geiſte nur außen und innen ſeyn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>31.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sieh die Verfaſſungen der Voͤlkerſtaaten hie,</l><lb/> <l>Ameiſenrepublik und Bienenmonarchie.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die fliegen in der Luft, die kriechen an der Erde;</l><lb/> <l>Die ſammeln Bluͤtenduft, die Koͤrner mit Beſchwerde.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Dort waltet ein Geſetz, und hier ein Oberhaupt,</l><lb/> <l>Hier wird geſchaut, was dort unſichtbar wird geglaubt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Bienenſtaat iſt hin, wann ſtirbt die Koͤniginn;</l><lb/> <l>Ameiſenreich beſteht, unſterblich iſt ſein Sinn.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Mit Andacht ſammle du in reinlichen Geſchirren</l><lb/> <l>Von Bienen Honigſeim, und von Ameiſen Mirren.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [26/0036]
Wenn du dich, ohne zu verſinken, ganz verſenkeſt,
Ausdichteſt ſpiegelglatt, was du durchſichtig denkeſt.
Wie du ziehſt von Natur den Athem aus und ein,
Lern' auch im Geiſte nur außen und innen ſeyn.
31.
Sieh die Verfaſſungen der Voͤlkerſtaaten hie,
Ameiſenrepublik und Bienenmonarchie.
Die fliegen in der Luft, die kriechen an der Erde;
Die ſammeln Bluͤtenduft, die Koͤrner mit Beſchwerde.
Dort waltet ein Geſetz, und hier ein Oberhaupt,
Hier wird geſchaut, was dort unſichtbar wird geglaubt.
Der Bienenſtaat iſt hin, wann ſtirbt die Koͤniginn;
Ameiſenreich beſteht, unſterblich iſt ſein Sinn.
Mit Andacht ſammle du in reinlichen Geſchirren
Von Bienen Honigſeim, und von Ameiſen Mirren.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/36>, abgerufen am 05.07.2024. |