Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.56. Bedenke, wenn der Stolz des Denkens dich bethört, Welch eine Kleinigkeit dein Denken, Denker, stört. Ein Bißchen Weh im Kopf, ein Bißchen Weh im Magen, Im Fuß, der doch nichts scheint zum Denken beizutragen. Nicht irren kann dich nur der Feldschlacht heisres Klirren, Verwirren kann dich schon der Mücke leisres Schwirren. Und hättest du wie Gott nun eine Welt gedacht, So hätte sie, o Spott, ein Mücklein umgebracht. Drum ist es gut, daß du nur denkest schon Gedachtes, Und im Gedanken nur nachmachst von Gott Gemachtes. 57. Du wähnst, o Weiser, dich vom alten Wahn entkettet, Wirklich zur Wirklichkeit des Denkens hingerettet. Du sprichst, "Ich setze nichts voraus mehr gegenwärtig, "Eben so wenig nehm' ich etwas an als fertig. 56. Bedenke, wenn der Stolz des Denkens dich bethoͤrt, Welch eine Kleinigkeit dein Denken, Denker, ſtoͤrt. Ein Bißchen Weh im Kopf, ein Bißchen Weh im Magen, Im Fuß, der doch nichts ſcheint zum Denken beizutragen. Nicht irren kann dich nur der Feldſchlacht heiſres Klirren, Verwirren kann dich ſchon der Muͤcke leiſres Schwirren. Und haͤtteſt du wie Gott nun eine Welt gedacht, So haͤtte ſie, o Spott, ein Muͤcklein umgebracht. Drum iſt es gut, daß du nur denkeſt ſchon Gedachtes, Und im Gedanken nur nachmachſt von Gott Gemachtes. 57. Du waͤhnſt, o Weiſer, dich vom alten Wahn entkettet, Wirklich zur Wirklichkeit des Denkens hingerettet. Du ſprichſt, „Ich ſetze nichts voraus mehr gegenwaͤrtig, „Eben ſo wenig nehm' ich etwas an als fertig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0164" n="154"/> <div n="2"> <head>56.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Bedenke, wenn der Stolz des Denkens dich bethoͤrt,</l><lb/> <l>Welch eine Kleinigkeit dein Denken, Denker, ſtoͤrt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ein Bißchen Weh im Kopf, ein Bißchen Weh im Magen,</l><lb/> <l>Im Fuß, der doch nichts ſcheint zum Denken beizutragen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Nicht irren kann dich nur der Feldſchlacht heiſres Klirren,</l><lb/> <l>Verwirren kann dich ſchon der Muͤcke leiſres Schwirren.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und haͤtteſt du wie Gott nun eine Welt gedacht,</l><lb/> <l>So haͤtte ſie, o Spott, ein Muͤcklein umgebracht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Drum iſt es gut, daß du nur denkeſt ſchon Gedachtes,</l><lb/> <l>Und im Gedanken nur nachmachſt von Gott Gemachtes.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>57.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du waͤhnſt, o Weiſer, dich vom alten Wahn entkettet,</l><lb/> <l>Wirklich zur Wirklichkeit des Denkens hingerettet.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Du ſprichſt, „Ich ſetze nichts voraus mehr gegenwaͤrtig,</l><lb/> <l>„Eben ſo wenig nehm' ich etwas an als fertig.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0164]
56.
Bedenke, wenn der Stolz des Denkens dich bethoͤrt,
Welch eine Kleinigkeit dein Denken, Denker, ſtoͤrt.
Ein Bißchen Weh im Kopf, ein Bißchen Weh im Magen,
Im Fuß, der doch nichts ſcheint zum Denken beizutragen.
Nicht irren kann dich nur der Feldſchlacht heiſres Klirren,
Verwirren kann dich ſchon der Muͤcke leiſres Schwirren.
Und haͤtteſt du wie Gott nun eine Welt gedacht,
So haͤtte ſie, o Spott, ein Muͤcklein umgebracht.
Drum iſt es gut, daß du nur denkeſt ſchon Gedachtes,
Und im Gedanken nur nachmachſt von Gott Gemachtes.
57.
Du waͤhnſt, o Weiſer, dich vom alten Wahn entkettet,
Wirklich zur Wirklichkeit des Denkens hingerettet.
Du ſprichſt, „Ich ſetze nichts voraus mehr gegenwaͤrtig,
„Eben ſo wenig nehm' ich etwas an als fertig.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/164>, abgerufen am 05.07.2024. |