Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.26. "Was machst du an der Welt? sie ist bereits gemacht." Um deine Freiheit hat dich dieser Spruch gebracht. Ja, fertig wenn die Welt gemacht wär' und vollendet, Verloren wär' an ihr dein Ringen und verschwendet. Doch sie ist nicht gemacht, du sollst sie helfen machen, Und dazu hat die Kraft dir Gott verliehn, dem schwachen. Nicht fertig ist die Welt, sie ist im ew'gen Werden, Und ihre Freiheit kann die deine nicht gefärden. Mit todtem Räderwerk greift sie in dich nicht ein; Du bist ein Lebenstrieb in ihr, groß oder klein. Sie strebt nach ihrem Ziel mit aller Geister Ringen, Und nur wenn auch dein Geist ihr hilft, wird sie's erringen: Sie setzt dir Schwierigkeit entgegen zwar und Schranken; Doch, räumt dein Geist sie weg, so wird sie dir es danken. 26. „Was machſt du an der Welt? ſie iſt bereits gemacht.“ Um deine Freiheit hat dich dieſer Spruch gebracht. Ja, fertig wenn die Welt gemacht waͤr' und vollendet, Verloren waͤr' an ihr dein Ringen und verſchwendet. Doch ſie iſt nicht gemacht, du ſollſt ſie helfen machen, Und dazu hat die Kraft dir Gott verliehn, dem ſchwachen. Nicht fertig iſt die Welt, ſie iſt im ew'gen Werden, Und ihre Freiheit kann die deine nicht gefaͤrden. Mit todtem Raͤderwerk greift ſie in dich nicht ein; Du biſt ein Lebenstrieb in ihr, groß oder klein. Sie ſtrebt nach ihrem Ziel mit aller Geiſter Ringen, Und nur wenn auch dein Geiſt ihr hilft, wird ſie's erringen: Sie ſetzt dir Schwierigkeit entgegen zwar und Schranken; Doch, raͤumt dein Geiſt ſie weg, ſo wird ſie dir es danken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0027" n="17"/> <div n="2"> <head>26.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>„Was machſt du an der Welt? ſie iſt bereits gemacht.“</l><lb/> <l>Um deine Freiheit hat dich dieſer Spruch gebracht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ja, fertig wenn die Welt gemacht waͤr' und vollendet,</l><lb/> <l>Verloren waͤr' an ihr dein Ringen und verſchwendet.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch ſie iſt nicht gemacht, du ſollſt ſie helfen machen,</l><lb/> <l>Und dazu hat die Kraft dir Gott verliehn, dem ſchwachen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nicht fertig iſt die Welt, ſie iſt im ew'gen Werden,</l><lb/> <l>Und ihre Freiheit kann die deine nicht gefaͤrden.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Mit todtem Raͤderwerk greift ſie in dich nicht ein;</l><lb/> <l>Du biſt ein Lebenstrieb in ihr, groß oder klein.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Sie ſtrebt nach ihrem Ziel mit aller Geiſter Ringen,</l><lb/> <l>Und nur wenn auch dein Geiſt ihr hilft, wird ſie's erringen:</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Sie ſetzt dir Schwierigkeit entgegen zwar und Schranken;</l><lb/> <l>Doch, raͤumt dein Geiſt ſie weg, ſo wird ſie dir es danken.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [17/0027]
26.
„Was machſt du an der Welt? ſie iſt bereits gemacht.“
Um deine Freiheit hat dich dieſer Spruch gebracht.
Ja, fertig wenn die Welt gemacht waͤr' und vollendet,
Verloren waͤr' an ihr dein Ringen und verſchwendet.
Doch ſie iſt nicht gemacht, du ſollſt ſie helfen machen,
Und dazu hat die Kraft dir Gott verliehn, dem ſchwachen.
Nicht fertig iſt die Welt, ſie iſt im ew'gen Werden,
Und ihre Freiheit kann die deine nicht gefaͤrden.
Mit todtem Raͤderwerk greift ſie in dich nicht ein;
Du biſt ein Lebenstrieb in ihr, groß oder klein.
Sie ſtrebt nach ihrem Ziel mit aller Geiſter Ringen,
Und nur wenn auch dein Geiſt ihr hilft, wird ſie's erringen:
Sie ſetzt dir Schwierigkeit entgegen zwar und Schranken;
Doch, raͤumt dein Geiſt ſie weg, ſo wird ſie dir es danken.
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