Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.Beschaut ein Lehrer doch in seines Schülers Brust Stets reiner ausgeprägt sein eignes Bild mit Lust. Nicht minder schauet Gott im Spiegel von Kristallen, Wozu dein Herz er schuf, sich selbst mit Wohlgefallen. O Herz, das zum Behuf des Spiegels Er erschuf, Wie weit bist du entfernt zu gnügen dem Beruf! 276. Es gibt noch Glückliche, wenn du auch keiner bist; Die Freud' ist auf der Welt, wenn sie auch dein nicht ist. Doch diese Freud' ist dein, daß viele freun sich können, Und diese Freud' allein wird Niemand dir misgönnen. 277. Je länger du's gehabt, je länger willst du's haben, Und ein Geliebtes wird dir stets zu früh begraben. Du bildetest dir ein, es sei auf ewig dein, Und solltest Gott, der dir's solang ließ, dankbar seyn. Beſchaut ein Lehrer doch in ſeines Schuͤlers Bruſt Stets reiner ausgepraͤgt ſein eignes Bild mit Luſt. Nicht minder ſchauet Gott im Spiegel von Kriſtallen, Wozu dein Herz er ſchuf, ſich ſelbſt mit Wohlgefallen. O Herz, das zum Behuf des Spiegels Er erſchuf, Wie weit biſt du entfernt zu gnuͤgen dem Beruf! 276. Es gibt noch Gluͤckliche, wenn du auch keiner biſt; Die Freud' iſt auf der Welt, wenn ſie auch dein nicht iſt. Doch dieſe Freud' iſt dein, daß viele freun ſich koͤnnen, Und dieſe Freud' allein wird Niemand dir misgoͤnnen. 277. Je laͤnger du's gehabt, je laͤnger willſt du's haben, Und ein Geliebtes wird dir ſtets zu fruͤh begraben. Du bildeteſt dir ein, es ſei auf ewig dein, Und ſollteſt Gott, der dir's ſolang ließ, dankbar ſeyn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0178" n="168"/> </l> <lg n="7"> <l>Beſchaut ein Lehrer doch in ſeines Schuͤlers Bruſt</l><lb/> <l>Stets reiner ausgepraͤgt ſein eignes Bild mit Luſt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Nicht minder ſchauet Gott im Spiegel von Kriſtallen,</l><lb/> <l>Wozu dein Herz er ſchuf, ſich ſelbſt mit Wohlgefallen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>O Herz, das zum Behuf des Spiegels Er erſchuf,</l><lb/> <l>Wie weit biſt du entfernt zu gnuͤgen dem Beruf!</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>276.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es gibt noch Gluͤckliche, wenn du auch keiner biſt;</l><lb/> <l>Die Freud' iſt auf der Welt, wenn ſie auch dein nicht iſt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Doch dieſe Freud' iſt dein, daß viele freun ſich koͤnnen,</l><lb/> <l>Und dieſe Freud' allein wird Niemand dir misgoͤnnen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>277.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Je laͤnger du's gehabt, je laͤnger willſt du's haben,</l><lb/> <l>Und ein Geliebtes wird dir ſtets zu fruͤh begraben.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Du bildeteſt dir ein, es ſei auf ewig dein,</l><lb/> <l>Und ſollteſt Gott, der dir's ſolang ließ, dankbar ſeyn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [168/0178]
Beſchaut ein Lehrer doch in ſeines Schuͤlers Bruſt
Stets reiner ausgepraͤgt ſein eignes Bild mit Luſt.
Nicht minder ſchauet Gott im Spiegel von Kriſtallen,
Wozu dein Herz er ſchuf, ſich ſelbſt mit Wohlgefallen.
O Herz, das zum Behuf des Spiegels Er erſchuf,
Wie weit biſt du entfernt zu gnuͤgen dem Beruf!
276.
Es gibt noch Gluͤckliche, wenn du auch keiner biſt;
Die Freud' iſt auf der Welt, wenn ſie auch dein nicht iſt.
Doch dieſe Freud' iſt dein, daß viele freun ſich koͤnnen,
Und dieſe Freud' allein wird Niemand dir misgoͤnnen.
277.
Je laͤnger du's gehabt, je laͤnger willſt du's haben,
Und ein Geliebtes wird dir ſtets zu fruͤh begraben.
Du bildeteſt dir ein, es ſei auf ewig dein,
Und ſollteſt Gott, der dir's ſolang ließ, dankbar ſeyn.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |