Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.170. Die Lieb' ist vielerlei: es liebt das Allgemeine Sich selber, Gott mit sich im ew'gen Lustvereine. Das Allgemeine dann liebt das Besondre auch, Die ganze Welt durchdringt von Gott ein Liebeshauch. Und das Besondre liebt das Allgemeine dann, Das ist soviel ein Mensch, o Gott, dich lieben kann. Nur das Besondre kann ganz das Besondre lieben, Die Liebe zu dir selbst hat mich zur Welt getrieben. Ich bin ein Blumenstaub und will auf Blumen stieben. 171. Geh mit dem Knecht nicht um, wähl' ihn zum Freunde nicht, Der frei nicht, wie du ihm, dir schaun darf ins Gesicht. Schlimm ist Vertraulichkeit da wo Vertrauen fehlt, Und man verachtet, den man zum Vertrauten wählt. 170. Die Lieb' iſt vielerlei: es liebt das Allgemeine Sich ſelber, Gott mit ſich im ew'gen Luſtvereine. Das Allgemeine dann liebt das Beſondre auch, Die ganze Welt durchdringt von Gott ein Liebeshauch. Und das Beſondre liebt das Allgemeine dann, Das iſt ſoviel ein Menſch, o Gott, dich lieben kann. Nur das Beſondre kann ganz das Beſondre lieben, Die Liebe zu dir ſelbſt hat mich zur Welt getrieben. Ich bin ein Blumenſtaub und will auf Blumen ſtieben. 171. Geh mit dem Knecht nicht um, waͤhl' ihn zum Freunde nicht, Der frei nicht, wie du ihm, dir ſchaun darf ins Geſicht. Schlimm iſt Vertraulichkeit da wo Vertrauen fehlt, Und man verachtet, den man zum Vertrauten waͤhlt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0113" n="103"/> <div n="2"> <head>170.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Lieb' iſt vielerlei: es liebt das Allgemeine</l><lb/> <l>Sich ſelber, Gott mit ſich im ew'gen Luſtvereine.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Das Allgemeine dann liebt das Beſondre auch,</l><lb/> <l>Die ganze Welt durchdringt von Gott ein Liebeshauch.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und das Beſondre liebt das Allgemeine dann,</l><lb/> <l>Das iſt ſoviel ein Menſch, o Gott, dich lieben kann.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nur das Beſondre kann ganz das Beſondre lieben,</l><lb/> <l>Die Liebe zu dir ſelbſt hat mich zur Welt getrieben.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ich bin ein Blumenſtaub und will auf Blumen ſtieben.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>171.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Geh mit dem Knecht nicht um, waͤhl' ihn zum Freunde nicht,</l><lb/> <l>Der frei nicht, wie du ihm, dir ſchaun darf ins Geſicht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Schlimm iſt Vertraulichkeit da wo Vertrauen fehlt,</l><lb/> <l>Und man verachtet, den man zum Vertrauten waͤhlt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [103/0113]
170.
Die Lieb' iſt vielerlei: es liebt das Allgemeine
Sich ſelber, Gott mit ſich im ew'gen Luſtvereine.
Das Allgemeine dann liebt das Beſondre auch,
Die ganze Welt durchdringt von Gott ein Liebeshauch.
Und das Beſondre liebt das Allgemeine dann,
Das iſt ſoviel ein Menſch, o Gott, dich lieben kann.
Nur das Beſondre kann ganz das Beſondre lieben,
Die Liebe zu dir ſelbſt hat mich zur Welt getrieben.
Ich bin ein Blumenſtaub und will auf Blumen ſtieben.
171.
Geh mit dem Knecht nicht um, waͤhl' ihn zum Freunde nicht,
Der frei nicht, wie du ihm, dir ſchaun darf ins Geſicht.
Schlimm iſt Vertraulichkeit da wo Vertrauen fehlt,
Und man verachtet, den man zum Vertrauten waͤhlt.
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