Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.30. Die beiden Palmen, die dort alternd stehn beisammen, Sie danken nicht ihr Heil dem Grund aus dem sie stammen; Sie danken es dem Hauch des Himmels, Poesie; Sie stehn, weil einmal sprach ein Dichter scheidend hie: Ihr beiden Palmen, gebt mir euern Abschiedsgruß, Weil ich von allem, was mir lieb ist, scheiden muß. Nie rastet das Geschick, zu scheiden und zu trennen Auf Erden alle, die sich lieben und sich kennen. Ihr aber bleibet ungeschieden mir, ihr beiden! Doch wird das Unglück auch einst kommen, euch zu scheiden. Der Dichter sprachs, und gieng den schweren Abschiedsgang, Doch in den Lüften hier blieb seines Liedes Klang. Es gieng von Ohr zu Ohr das Lied, von Mund zu Munde, Und nie droht' Axt und Beil dem heil'gen Palmenbunde. 30. Die beiden Palmen, die dort alternd ſtehn beiſammen, Sie danken nicht ihr Heil dem Grund aus dem ſie ſtammen; Sie danken es dem Hauch des Himmels, Poeſie; Sie ſtehn, weil einmal ſprach ein Dichter ſcheidend hie: Ihr beiden Palmen, gebt mir euern Abſchiedsgruß, Weil ich von allem, was mir lieb iſt, ſcheiden muß. Nie raſtet das Geſchick, zu ſcheiden und zu trennen Auf Erden alle, die ſich lieben und ſich kennen. Ihr aber bleibet ungeſchieden mir, ihr beiden! Doch wird das Ungluͤck auch einſt kommen, euch zu ſcheiden. Der Dichter ſprachs, und gieng den ſchweren Abſchiedsgang, Doch in den Luͤften hier blieb ſeines Liedes Klang. Es gieng von Ohr zu Ohr das Lied, von Mund zu Munde, Und nie droht' Axt und Beil dem heil'gen Palmenbunde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0243" n="233"/> <div n="2"> <head>30.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die beiden Palmen, die dort alternd ſtehn beiſammen,</l><lb/> <l>Sie danken nicht ihr Heil dem Grund aus dem ſie ſtammen;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie danken es dem Hauch des Himmels, Poeſie;</l><lb/> <l>Sie ſtehn, weil einmal ſprach ein Dichter ſcheidend hie:</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ihr beiden Palmen, gebt mir euern Abſchiedsgruß,</l><lb/> <l>Weil ich von allem, was mir lieb iſt, ſcheiden muß.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nie raſtet das Geſchick, zu ſcheiden und zu trennen</l><lb/> <l>Auf Erden alle, die ſich lieben und ſich kennen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ihr aber bleibet ungeſchieden mir, ihr beiden!</l><lb/> <l>Doch wird das Ungluͤck auch einſt kommen, euch zu ſcheiden.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der Dichter ſprachs, und gieng den ſchweren Abſchiedsgang,</l><lb/> <l>Doch in den Luͤften hier blieb ſeines Liedes Klang.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Es gieng von Ohr zu Ohr das Lied, von Mund zu Munde,</l><lb/> <l>Und nie droht' Axt und Beil dem heil'gen Palmenbunde.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [233/0243]
30.
Die beiden Palmen, die dort alternd ſtehn beiſammen,
Sie danken nicht ihr Heil dem Grund aus dem ſie ſtammen;
Sie danken es dem Hauch des Himmels, Poeſie;
Sie ſtehn, weil einmal ſprach ein Dichter ſcheidend hie:
Ihr beiden Palmen, gebt mir euern Abſchiedsgruß,
Weil ich von allem, was mir lieb iſt, ſcheiden muß.
Nie raſtet das Geſchick, zu ſcheiden und zu trennen
Auf Erden alle, die ſich lieben und ſich kennen.
Ihr aber bleibet ungeſchieden mir, ihr beiden!
Doch wird das Ungluͤck auch einſt kommen, euch zu ſcheiden.
Der Dichter ſprachs, und gieng den ſchweren Abſchiedsgang,
Doch in den Luͤften hier blieb ſeines Liedes Klang.
Es gieng von Ohr zu Ohr das Lied, von Mund zu Munde,
Und nie droht' Axt und Beil dem heil'gen Palmenbunde.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/243>, abgerufen am 25.07.2024. |