Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.8. Das Volk ist glücklich, des Mannsalter ist durchdrungen Von unveraltenden Jugenderinnerungen; Das, immer werdend, nie Gewordenes verliert, Und sich aus eignem Grund stets höher umgebiert. Sowie der Einzelne sich auch nur kann verjüngen, Wenn sein Bewußtseyn ruht auf seinen Selbstursprüngen; Wenn er die Ordnung fühlt, in der durch jede Wendung Der Stufen sich sein Gang gesteigert zur Vollendung; Fühlt, daß zur Ordnung selbst gehörten Störungen, Und die Besonnenheit wuchs aus Bethörungen. Wie sich viel Knoten- durch ein Rohr zur Reife drängt, Ein Strom sein Bette durch beschäumte Felsen sprengt. Zum Himmelspiegel ist zuletzt der Strom geworden, Und würz'gen Markes voll das Rohr an seinen Borden. 8. Das Volk iſt gluͤcklich, des Mannsalter iſt durchdrungen Von unveraltenden Jugenderinnerungen; Das, immer werdend, nie Gewordenes verliert, Und ſich aus eignem Grund ſtets hoͤher umgebiert. Sowie der Einzelne ſich auch nur kann verjuͤngen, Wenn ſein Bewußtſeyn ruht auf ſeinen Selbſturſpruͤngen; Wenn er die Ordnung fuͤhlt, in der durch jede Wendung Der Stufen ſich ſein Gang geſteigert zur Vollendung; Fuͤhlt, daß zur Ordnung ſelbſt gehoͤrten Stoͤrungen, Und die Beſonnenheit wuchs aus Bethoͤrungen. Wie ſich viel Knoten- durch ein Rohr zur Reife draͤngt, Ein Strom ſein Bette durch beſchaͤumte Felſen ſprengt. Zum Himmelſpiegel iſt zuletzt der Strom geworden, Und wuͤrz'gen Markes voll das Rohr an ſeinen Borden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0225" n="215"/> <div n="2"> <head>8.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Das Volk iſt gluͤcklich, des Mannsalter iſt durchdrungen</l><lb/> <l>Von unveraltenden Jugenderinnerungen;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Das, immer werdend, nie Gewordenes verliert,</l><lb/> <l>Und ſich aus eignem Grund ſtets hoͤher umgebiert.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sowie der Einzelne ſich auch nur kann verjuͤngen,</l><lb/> <l>Wenn ſein Bewußtſeyn ruht auf ſeinen Selbſturſpruͤngen;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wenn er die Ordnung fuͤhlt, in der durch jede Wendung</l><lb/> <l>Der Stufen ſich ſein Gang geſteigert zur Vollendung;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Fuͤhlt, daß zur Ordnung ſelbſt gehoͤrten Stoͤrungen,</l><lb/> <l>Und die Beſonnenheit wuchs aus Bethoͤrungen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wie ſich viel Knoten- durch ein Rohr zur Reife draͤngt,</l><lb/> <l>Ein Strom ſein Bette durch beſchaͤumte Felſen ſprengt.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Zum Himmelſpiegel iſt zuletzt der Strom geworden,</l><lb/> <l>Und wuͤrz'gen Markes voll das Rohr an ſeinen Borden.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [215/0225]
8.
Das Volk iſt gluͤcklich, des Mannsalter iſt durchdrungen
Von unveraltenden Jugenderinnerungen;
Das, immer werdend, nie Gewordenes verliert,
Und ſich aus eignem Grund ſtets hoͤher umgebiert.
Sowie der Einzelne ſich auch nur kann verjuͤngen,
Wenn ſein Bewußtſeyn ruht auf ſeinen Selbſturſpruͤngen;
Wenn er die Ordnung fuͤhlt, in der durch jede Wendung
Der Stufen ſich ſein Gang geſteigert zur Vollendung;
Fuͤhlt, daß zur Ordnung ſelbſt gehoͤrten Stoͤrungen,
Und die Beſonnenheit wuchs aus Bethoͤrungen.
Wie ſich viel Knoten- durch ein Rohr zur Reife draͤngt,
Ein Strom ſein Bette durch beſchaͤumte Felſen ſprengt.
Zum Himmelſpiegel iſt zuletzt der Strom geworden,
Und wuͤrz'gen Markes voll das Rohr an ſeinen Borden.
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