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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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dessen eines Bein unter den Wagen gekommen
war. Der Postknecht war abgestiegen, die Pfer-
de waren unterdeß wild geworden. Herr von
Platov hatte die Zügel einen Augenblick zu spät
ergriffen, die Pferde gingen durch, der Wagen
schlug um; Herr von Platov im Hinausspringen
begriffen, blieb mit dem einen Fuß im Tritt und
kam damit unter den Wagen. Sein junger Ge-
fährte war eben im Begriff, den Wagen in die
Höhe zu heben, und hatte sich dabei die Schul-
ter ausgerenkt, als ich zu ihnen stieß. Der
Postillion war seinen Pferden nachgerannt, und
die Verunglückten waren ohne alle Hülfe. Mit
dem Beistand meiner Leute brachte ich sie in mei-
nen Wagen. Da in der Nähe kein Ort war, wo
ich sie hätte hinbringen können, ließ ich sehr
langsam auf L. zu fahren, und so kamen wir end-
lich bei Jhnen an. Der junge D. bekam von der
Angst und Anstrengung ein Fieber, das durch den
Schmerz an der Schulter, und nach der Bewegung
des Fahrens sehr heftig wurde. Doch besorgen Sie
nichts; ich bitte Sie. Der Beinbruch des Herrn
von Platov ist keiner der schlimmsten, und die

deſſen eines Bein unter den Wagen gekommen
war. Der Poſtknecht war abgeſtiegen, die Pfer-
de waren unterdeß wild geworden. Herr von
Platov hatte die Zügel einen Augenblick zu ſpät
ergriffen, die Pferde gingen durch, der Wagen
ſchlug um; Herr von Platov im Hinausſpringen
begriffen, blieb mit dem einen Fuß im Tritt und
kam damit unter den Wagen. Sein junger Ge-
fährte war eben im Begriff, den Wagen in die
Höhe zu heben, und hatte ſich dabei die Schul-
ter ausgerenkt, als ich zu ihnen ſtieß. Der
Poſtillion war ſeinen Pferden nachgerannt, und
die Verunglückten waren ohne alle Hülfe. Mit
dem Beiſtand meiner Leute brachte ich ſie in mei-
nen Wagen. Da in der Nähe kein Ort war, wo
ich ſie hätte hinbringen können, ließ ich ſehr
langſam auf L. zu fahren, und ſo kamen wir end-
lich bei Jhnen an. Der junge D. bekam von der
Angſt und Anſtrengung ein Fieber, das durch den
Schmerz an der Schulter, und nach der Bewegung
des Fahrens ſehr heftig wurde. Doch beſorgen Sie
nichts; ich bitte Sie. Der Beinbruch des Herrn
von Platov iſt keiner der ſchlimmſten, und die

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[44/0052] deſſen eines Bein unter den Wagen gekommen war. Der Poſtknecht war abgeſtiegen, die Pfer- de waren unterdeß wild geworden. Herr von Platov hatte die Zügel einen Augenblick zu ſpät ergriffen, die Pferde gingen durch, der Wagen ſchlug um; Herr von Platov im Hinausſpringen begriffen, blieb mit dem einen Fuß im Tritt und kam damit unter den Wagen. Sein junger Ge- fährte war eben im Begriff, den Wagen in die Höhe zu heben, und hatte ſich dabei die Schul- ter ausgerenkt, als ich zu ihnen ſtieß. Der Poſtillion war ſeinen Pferden nachgerannt, und die Verunglückten waren ohne alle Hülfe. Mit dem Beiſtand meiner Leute brachte ich ſie in mei- nen Wagen. Da in der Nähe kein Ort war, wo ich ſie hätte hinbringen können, ließ ich ſehr langſam auf L. zu fahren, und ſo kamen wir end- lich bei Jhnen an. Der junge D. bekam von der Angſt und Anſtrengung ein Fieber, das durch den Schmerz an der Schulter, und nach der Bewegung des Fahrens ſehr heftig wurde. Doch beſorgen Sie nichts; ich bitte Sie. Der Beinbruch des Herrn von Platov iſt keiner der ſchlimmſten, und die

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/52>, abgerufen am 22.11.2024.