ich sie wieder, oder braucht man auch anderer Bei- stand? Sie sann ein Weilchen nach, dann sagte sie: nun so will ich alles das lernen was Du kannst; dann brauche ich doch nur eine Person zu bitten. Und Dich bitte ich lieber wie alle andere Menschen. Aus demselben Grunde, weil sie nie- mand bitten will, hat sie sich auch gewöhnt, beim Anziehen und Ausziehen aller Hülfe zu entbehren. Sie macht sich alles selbst, auch das Mühsamste. Lebe wohl, liebste Emma!
Sieben und achtzigster Brief.
Endlich also ist die Erfüllung von unser aller Hauptwunsche nahe. Jch werde Dir also auch nicht viel mehr zu berichten haben, da sich alles was uns beiden wichtig ist, sehr viel besser münd- lich verhandeln läßt, als schriftlich. Wie viel traulicher sind solche Unterhaltungen, wo man sich von Angesicht zu Angesicht schaut, und wo zwischen Wort und Antwort nicht Wochen oder gar Mon-
ich ſie wieder, oder braucht man auch anderer Bei- ſtand? Sie ſann ein Weilchen nach, dann ſagte ſie: nun ſo will ich alles das lernen was Du kannſt; dann brauche ich doch nur eine Perſon zu bitten. Und Dich bitte ich lieber wie alle andere Menſchen. Aus demſelben Grunde, weil ſie nie- mand bitten will, hat ſie ſich auch gewöhnt, beim Anziehen und Ausziehen aller Hülfe zu entbehren. Sie macht ſich alles ſelbſt, auch das Mühſamſte. Lebe wohl, liebſte Emma!
Sieben und achtzigſter Brief.
Endlich alſo iſt die Erfüllung von unſer aller Hauptwunſche nahe. Jch werde Dir alſo auch nicht viel mehr zu berichten haben, da ſich alles was uns beiden wichtig iſt, ſehr viel beſſer münd- lich verhandeln läßt, als ſchriftlich. Wie viel traulicher ſind ſolche Unterhaltungen, wo man ſich von Angeſicht zu Angeſicht ſchaut, und wo zwiſchen Wort und Antwort nicht Wochen oder gar Mon-
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ich ſie wieder, oder braucht man auch anderer Bei-
ſtand? Sie ſann ein Weilchen nach, dann ſagte
ſie: nun ſo will ich alles das lernen was Du
kannſt; dann brauche ich doch nur eine Perſon zu
bitten. Und Dich bitte ich lieber wie alle andere
Menſchen. Aus demſelben Grunde, weil ſie nie-
mand bitten will, hat ſie ſich auch gewöhnt, beim
Anziehen und Ausziehen aller Hülfe zu entbehren.
Sie macht ſich alles ſelbſt, auch das Mühſamſte.
Lebe wohl, liebſte Emma!
Sieben und achtzigſter Brief.
Endlich alſo iſt die Erfüllung von unſer aller
Hauptwunſche nahe. Jch werde Dir alſo auch
nicht viel mehr zu berichten haben, da ſich alles
was uns beiden wichtig iſt, ſehr viel beſſer münd-
lich verhandeln läßt, als ſchriftlich. Wie viel
traulicher ſind ſolche Unterhaltungen, wo man ſich
von Angeſicht zu Angeſicht ſchaut, und wo zwiſchen
Wort und Antwort nicht Wochen oder gar Mon-
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/383>, abgerufen am 16.02.2025.
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