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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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glauben, als daß er es so oder so vorhabe. Tren-
nen auf mehrere Jahre kann er uns nicht wollen,
ehe wir uns alle noch einmal von Angesicht gese-
hen. Sage ihm das, und daß ich ihn besser
kennte, um ihm so etwas zuzutrauen. Und nun
bald, bald Nachricht, Emma!



Neun und dreißigster Brief.

O welch' ein Wiedersehen und welche Trennung
war das! Nein, das könnt' ich nicht noch einmal
haben! Jch habe mir und uns allen mehr zuge-
traut, als ich Ursache hatte. Und es war Jrr-
thum, daß die Freude den Schmerz überwiegen
könne. Zwar sagtest Du, Du habest die erstere
um keinen Preis zu theuer erkauft -- aber ach!
ich sahe, wie der wüthende Schmerz Dein Herz
zerriß, noch ehe der Trennungstag da war -- und
die Kinder, sie waren lange nachher sich selbst nicht
mehr ähnlich. Lange konnten wir unser ruhig
schönes Lebensgleis nicht wieder finden. Nichts
vermochte uns zu trösten.

glauben, als daß er es ſo oder ſo vorhabe. Tren-
nen auf mehrere Jahre kann er uns nicht wollen,
ehe wir uns alle noch einmal von Angeſicht geſe-
hen. Sage ihm das, und daß ich ihn beſſer
kennte, um ihm ſo etwas zuzutrauen. Und nun
bald, bald Nachricht, Emma!



Neun und dreißigſter Brief.

O welch’ ein Wiederſehen und welche Trennung
war das! Nein, das könnt’ ich nicht noch einmal
haben! Jch habe mir und uns allen mehr zuge-
traut, als ich Urſache hatte. Und es war Jrr-
thum, daß die Freude den Schmerz überwiegen
könne. Zwar ſagteſt Du, Du habeſt die erſtere
um keinen Preis zu theuer erkauft — aber ach!
ich ſahe, wie der wüthende Schmerz Dein Herz
zerriß, noch ehe der Trennungstag da war — und
die Kinder, ſie waren lange nachher ſich ſelbſt nicht
mehr ähnlich. Lange konnten wir unſer ruhig
ſchönes Lebensgleis nicht wieder finden. Nichts
vermochte uns zu tröſten.

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[30/0038] glauben, als daß er es ſo oder ſo vorhabe. Tren- nen auf mehrere Jahre kann er uns nicht wollen, ehe wir uns alle noch einmal von Angeſicht geſe- hen. Sage ihm das, und daß ich ihn beſſer kennte, um ihm ſo etwas zuzutrauen. Und nun bald, bald Nachricht, Emma! Neun und dreißigſter Brief. O welch’ ein Wiederſehen und welche Trennung war das! Nein, das könnt’ ich nicht noch einmal haben! Jch habe mir und uns allen mehr zuge- traut, als ich Urſache hatte. Und es war Jrr- thum, daß die Freude den Schmerz überwiegen könne. Zwar ſagteſt Du, Du habeſt die erſtere um keinen Preis zu theuer erkauft — aber ach! ich ſahe, wie der wüthende Schmerz Dein Herz zerriß, noch ehe der Trennungstag da war — und die Kinder, ſie waren lange nachher ſich ſelbſt nicht mehr ähnlich. Lange konnten wir unſer ruhig ſchönes Lebensgleis nicht wieder finden. Nichts vermochte uns zu tröſten.

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/38>, abgerufen am 23.11.2024.