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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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und dürfen den Armen auf keine zu harte Probe
stellen.

Von Mathilde und Hertha, wie von Elvirens
Töchtern sagte ich Dir lange Zeit nichts. Clär-
chens Abwesenheit und Jda's häufiges Verschwin-
den aus dem Schwesterkreise (denn Platov hält
sie viel umlagert), würden Mathilden ein peinli-
ches Alleinseyn verursachen, wenn ich nicht hier,
wie überall, wo wir rasten, eine gewisse Lebens-
ordnung eingeführt. Wir beschäftigen uns sehr
regelmäßig, und Mathilde hält sich gern zu mir.
Wohl kann sie sich an Jda's Freude recht schwe-
sterlich mitfreuen, und Jda verdoppelt in den
Viertelstunden, die sie mit einander sind, ihre
Liebe zur Gespielin ihrer frühesten Jugend. Aber
Mathilde begnügt sich auch fröhlich damit, und
bleibt ruhig und selbst genügsam. Auch noch kein
Fünkchen des Verlangens nach einem ähnlichen
Glücke scheint sich (soll ich sagen in ihrer kälteren
oder lieber ihrer noch schlummernden Natur?) zu
regen. Hertha weiß oft nicht, wo sie nun mit
ihrer armen kleinen Person hin soll. Der Bru-



und dürfen den Armen auf keine zu harte Probe
ſtellen.

Von Mathilde und Hertha, wie von Elvirens
Töchtern ſagte ich Dir lange Zeit nichts. Clär-
chens Abweſenheit und Jda’s häufiges Verſchwin-
den aus dem Schweſterkreiſe (denn Platov hält
ſie viel umlagert), würden Mathilden ein peinli-
ches Alleinſeyn verurſachen, wenn ich nicht hier,
wie überall, wo wir raſten, eine gewiſſe Lebens-
ordnung eingeführt. Wir beſchäftigen uns ſehr
regelmäßig, und Mathilde hält ſich gern zu mir.
Wohl kann ſie ſich an Jda’s Freude recht ſchwe-
ſterlich mitfreuen, und Jda verdoppelt in den
Viertelſtunden, die ſie mit einander ſind, ihre
Liebe zur Geſpielin ihrer früheſten Jugend. Aber
Mathilde begnügt ſich auch fröhlich damit, und
bleibt ruhig und ſelbſt genügſam. Auch noch kein
Fünkchen des Verlangens nach einem ähnlichen
Glücke ſcheint ſich (ſoll ich ſagen in ihrer kälteren
oder lieber ihrer noch ſchlummernden Natur?) zu
regen. Hertha weiß oft nicht, wo ſie nun mit
ihrer armen kleinen Perſon hin ſoll. Der Bru-

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[334/0342] und dürfen den Armen auf keine zu harte Probe ſtellen. Von Mathilde und Hertha, wie von Elvirens Töchtern ſagte ich Dir lange Zeit nichts. Clär- chens Abweſenheit und Jda’s häufiges Verſchwin- den aus dem Schweſterkreiſe (denn Platov hält ſie viel umlagert), würden Mathilden ein peinli- ches Alleinſeyn verurſachen, wenn ich nicht hier, wie überall, wo wir raſten, eine gewiſſe Lebens- ordnung eingeführt. Wir beſchäftigen uns ſehr regelmäßig, und Mathilde hält ſich gern zu mir. Wohl kann ſie ſich an Jda’s Freude recht ſchwe- ſterlich mitfreuen, und Jda verdoppelt in den Viertelſtunden, die ſie mit einander ſind, ihre Liebe zur Geſpielin ihrer früheſten Jugend. Aber Mathilde begnügt ſich auch fröhlich damit, und bleibt ruhig und ſelbſt genügſam. Auch noch kein Fünkchen des Verlangens nach einem ähnlichen Glücke ſcheint ſich (ſoll ich ſagen in ihrer kälteren oder lieber ihrer noch ſchlummernden Natur?) zu regen. Hertha weiß oft nicht, wo ſie nun mit ihrer armen kleinen Perſon hin ſoll. Der Bru-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/342>, abgerufen am 22.11.2024.