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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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O Deinen Segen! Jn Deinem Segen empfangen
wir den des Vaters und der Mutter zugleich. Wir
umschlossen uns alle. Dann eilten wir hinaus ins
Freie. Platov nahm Jda am Arm, und beide
wandelten selig dahin. Von meiner Hand dies-
mal nichts mehr. Die Glücklichen mögen selbst
reden, wenn sie können.



Zwei und achtzigster Brief.

Wir reisen nun für diesmal nicht weiter in die
Schweiz hinein, sondern kehren auf das baldigste
zu den Neuenburgern nach Genf zurück. Mein
Herz hat nun volle Genüge. Jetzt wäre Sterben
das Schönste, wenn nicht das Kind mich aufs neue
mit starken Banden ans Leben fesselte. Meine
Sehnsucht nach Seraphine wird täglich unbezwing-
licher, und das hat mit für unsere Rückkehr ent-
schieden. Wenn das Wie der Existenz so über-
schwenglich glücklich ist, dann kommt auf das Wo
überhaupt nur wenig an. Und was brauchen diese



O Deinen Segen! Jn Deinem Segen empfangen
wir den des Vaters und der Mutter zugleich. Wir
umſchloſſen uns alle. Dann eilten wir hinaus ins
Freie. Platov nahm Jda am Arm, und beide
wandelten ſelig dahin. Von meiner Hand dies-
mal nichts mehr. Die Glücklichen mögen ſelbſt
reden, wenn ſie können.



Zwei und achtzigſter Brief.

Wir reiſen nun für diesmal nicht weiter in die
Schweiz hinein, ſondern kehren auf das baldigſte
zu den Neuenburgern nach Genf zurück. Mein
Herz hat nun volle Genüge. Jetzt wäre Sterben
das Schönſte, wenn nicht das Kind mich aufs neue
mit ſtarken Banden ans Leben feſſelte. Meine
Sehnſucht nach Seraphine wird täglich unbezwing-
licher, und das hat mit für unſere Rückkehr ent-
ſchieden. Wenn das Wie der Exiſtenz ſo über-
ſchwenglich glücklich iſt, dann kommt auf das Wo
überhaupt nur wenig an. Und was brauchen dieſe

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[330/0338] O Deinen Segen! Jn Deinem Segen empfangen wir den des Vaters und der Mutter zugleich. Wir umſchloſſen uns alle. Dann eilten wir hinaus ins Freie. Platov nahm Jda am Arm, und beide wandelten ſelig dahin. Von meiner Hand dies- mal nichts mehr. Die Glücklichen mögen ſelbſt reden, wenn ſie können. Zwei und achtzigſter Brief. Wir reiſen nun für diesmal nicht weiter in die Schweiz hinein, ſondern kehren auf das baldigſte zu den Neuenburgern nach Genf zurück. Mein Herz hat nun volle Genüge. Jetzt wäre Sterben das Schönſte, wenn nicht das Kind mich aufs neue mit ſtarken Banden ans Leben feſſelte. Meine Sehnſucht nach Seraphine wird täglich unbezwing- licher, und das hat mit für unſere Rückkehr ent- ſchieden. Wenn das Wie der Exiſtenz ſo über- ſchwenglich glücklich iſt, dann kommt auf das Wo überhaupt nur wenig an. Und was brauchen dieſe

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/338>, abgerufen am 22.11.2024.