Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.armte mich schweigend, und wollte schweigend wieder hinaus. Jch fühlte mein Halstuch naß, und rief sie bittend zurück. "Jda, liebste Jda, ich schreibe eben deiner Mutter, willst du nicht ein Brieflein einlegen?" O nur diesmal nicht, Tante. Bald, ja recht bald will ich der besten Mutter schreiben. Aber erlaß es mir diesmal, ich bitte dich. "Was soll ich denn der Mutter von dir sagen?" Sage ihr, daß Jda bald recht vergnügt seyn wird -- ein wohlthätiger Guß machte dem beklommenen Herzen Luft. Jch hielt sie schweigend in meinen Armen, und entließ sie schnell aus einem Seitenthürchen, als Platov hereintrat, um mit mir über unsern fernern Rei- seplan zu sprechen. Lebe wohl für diesmal. Näch- stens mehr! Achtzigster Brief. Die Neuenburger Familie ist sehr glücklich in armte mich ſchweigend, und wollte ſchweigend wieder hinaus. Jch fühlte mein Halstuch naß, und rief ſie bittend zurück. „Jda, liebſte Jda, ich ſchreibe eben deiner Mutter, willſt du nicht ein Brieflein einlegen?‟ O nur diesmal nicht, Tante. Bald, ja recht bald will ich der beſten Mutter ſchreiben. Aber erlaß es mir diesmal, ich bitte dich. „Was ſoll ich denn der Mutter von dir ſagen?‟ Sage ihr, daß Jda bald recht vergnügt ſeyn wird — ein wohlthätiger Guß machte dem beklommenen Herzen Luft. Jch hielt ſie ſchweigend in meinen Armen, und entließ ſie ſchnell aus einem Seitenthürchen, als Platov hereintrat, um mit mir über unſern fernern Rei- ſeplan zu ſprechen. Lebe wohl für diesmal. Näch- ſtens mehr! Achtzigſter Brief. Die Neuenburger Familie iſt ſehr glücklich in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0319" n="311"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> armte mich ſchweigend, und wollte ſchweigend<lb/> wieder hinaus. Jch fühlte mein Halstuch naß,<lb/> und rief ſie bittend zurück. „Jda, liebſte Jda,<lb/> ich ſchreibe eben deiner Mutter, willſt du nicht<lb/> ein Brieflein einlegen?‟ O nur diesmal nicht,<lb/> Tante. Bald, ja recht bald will ich der beſten<lb/> Mutter ſchreiben. Aber erlaß es mir diesmal,<lb/> ich bitte dich. „Was ſoll ich denn der Mutter<lb/> von dir ſagen?‟ Sage ihr, daß Jda bald recht<lb/> vergnügt ſeyn wird — ein wohlthätiger Guß<lb/> machte dem beklommenen Herzen Luft. Jch hielt<lb/> ſie ſchweigend in meinen Armen, und entließ ſie<lb/> ſchnell aus einem Seitenthürchen, als Platov<lb/> hereintrat, um mit mir über unſern fernern Rei-<lb/> ſeplan zu ſprechen. Lebe wohl für diesmal. Näch-<lb/> ſtens mehr!</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">Achtzigſter Brief.</hi> </head><lb/> <p>Die Neuenburger Familie iſt ſehr glücklich in<lb/> Genf. Schon genug hätten der Vater und die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0319]
armte mich ſchweigend, und wollte ſchweigend
wieder hinaus. Jch fühlte mein Halstuch naß,
und rief ſie bittend zurück. „Jda, liebſte Jda,
ich ſchreibe eben deiner Mutter, willſt du nicht
ein Brieflein einlegen?‟ O nur diesmal nicht,
Tante. Bald, ja recht bald will ich der beſten
Mutter ſchreiben. Aber erlaß es mir diesmal,
ich bitte dich. „Was ſoll ich denn der Mutter
von dir ſagen?‟ Sage ihr, daß Jda bald recht
vergnügt ſeyn wird — ein wohlthätiger Guß
machte dem beklommenen Herzen Luft. Jch hielt
ſie ſchweigend in meinen Armen, und entließ ſie
ſchnell aus einem Seitenthürchen, als Platov
hereintrat, um mit mir über unſern fernern Rei-
ſeplan zu ſprechen. Lebe wohl für diesmal. Näch-
ſtens mehr!
Achtzigſter Brief.
Die Neuenburger Familie iſt ſehr glücklich in
Genf. Schon genug hätten der Vater und die
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