Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



und ich gebe ihr zum schützenden Engel auch noch
Seraphine mit. Denn es gibt für ein reines
weibliches Herz keine fchönere Bedeckung als ein
Kind das wir zu schützen haben. Clare findet sich
durch mein Vertrauen hochgeehrt. Es perlten ein
Paar schöne Tropfen von den frischen pfirsichrothen
Wangen, als ich sagte: ich gebe Dir ein Unter-
pfand meines höchsten Vertrauens, ich gebe Dir
Seraphine mit. Du bist Seraphinens Mutter,
und Bruno ist Dein schützender Ritter. Morgen
reisen sie, und übermorgen ziehen wir weiter, denn
alles ist einmal zur Weiterreise gerüstet, und
kann nicht wohl wieder umgestellt werden.

Woldemar verarbeitet seinen Schmerz, sich wei-
ter von dem Orte zu entfernen, dem Betty sich
nähert, recht ritterlich. Jn Bruno ist etwas vor-
gegangen, seit Platov hier ist, welches mir jetzt
erst anfängt, klar zu werden. Jch besorgte sehr,
daß seine warme Bewunderung Jda's zu einer
unheilbaren Leidenschaft werden müßte, denn es
war nur allzu sichtbar, daß sie an seinem Hier-
bleiben einen großen Antheil habe. Seit er Pla-



und ich gebe ihr zum ſchützenden Engel auch noch
Seraphine mit. Denn es gibt für ein reines
weibliches Herz keine fchönere Bedeckung als ein
Kind das wir zu ſchützen haben. Clare findet ſich
durch mein Vertrauen hochgeehrt. Es perlten ein
Paar ſchöne Tropfen von den friſchen pfirſichrothen
Wangen, als ich ſagte: ich gebe Dir ein Unter-
pfand meines höchſten Vertrauens, ich gebe Dir
Seraphine mit. Du biſt Seraphinens Mutter,
und Bruno iſt Dein ſchützender Ritter. Morgen
reiſen ſie, und übermorgen ziehen wir weiter, denn
alles iſt einmal zur Weiterreiſe gerüſtet, und
kann nicht wohl wieder umgeſtellt werden.

Woldemar verarbeitet ſeinen Schmerz, ſich wei-
ter von dem Orte zu entfernen, dem Betty ſich
nähert, recht ritterlich. Jn Bruno iſt etwas vor-
gegangen, ſeit Platov hier iſt, welches mir jetzt
erſt anfängt, klar zu werden. Jch beſorgte ſehr,
daß ſeine warme Bewunderung Jda’s zu einer
unheilbaren Leidenſchaft werden müßte, denn es
war nur allzu ſichtbar, daß ſie an ſeinem Hier-
bleiben einen großen Antheil habe. Seit er Pla-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0306" n="298"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
und ich gebe ihr zum &#x017F;chützenden Engel auch noch<lb/>
Seraphine mit. Denn es gibt für ein reines<lb/>
weibliches Herz keine fchönere Bedeckung als ein<lb/>
Kind das wir zu &#x017F;chützen haben. Clare findet &#x017F;ich<lb/>
durch mein Vertrauen hochgeehrt. Es perlten ein<lb/>
Paar &#x017F;chöne Tropfen von den fri&#x017F;chen pfir&#x017F;ichrothen<lb/>
Wangen, als ich &#x017F;agte: ich gebe Dir ein Unter-<lb/>
pfand meines höch&#x017F;ten Vertrauens, ich gebe Dir<lb/>
Seraphine mit. Du bi&#x017F;t Seraphinens Mutter,<lb/>
und Bruno i&#x017F;t Dein &#x017F;chützender Ritter. Morgen<lb/>
rei&#x017F;en &#x017F;ie, und übermorgen ziehen wir weiter, denn<lb/>
alles i&#x017F;t einmal zur Weiterrei&#x017F;e gerü&#x017F;tet, und<lb/>
kann nicht wohl wieder umge&#x017F;tellt werden.</p><lb/>
          <p>Woldemar verarbeitet &#x017F;einen Schmerz, &#x017F;ich wei-<lb/>
ter von dem Orte zu entfernen, dem Betty &#x017F;ich<lb/>
nähert, recht ritterlich. Jn Bruno i&#x017F;t etwas vor-<lb/>
gegangen, &#x017F;eit Platov hier i&#x017F;t, welches mir jetzt<lb/>
er&#x017F;t anfängt, klar zu werden. Jch be&#x017F;orgte &#x017F;ehr,<lb/>
daß &#x017F;eine warme Bewunderung Jda&#x2019;s zu einer<lb/>
unheilbaren Leiden&#x017F;chaft werden müßte, denn es<lb/>
war nur allzu &#x017F;ichtbar, daß &#x017F;ie an &#x017F;einem Hier-<lb/>
bleiben einen großen Antheil habe. Seit er Pla-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0306] und ich gebe ihr zum ſchützenden Engel auch noch Seraphine mit. Denn es gibt für ein reines weibliches Herz keine fchönere Bedeckung als ein Kind das wir zu ſchützen haben. Clare findet ſich durch mein Vertrauen hochgeehrt. Es perlten ein Paar ſchöne Tropfen von den friſchen pfirſichrothen Wangen, als ich ſagte: ich gebe Dir ein Unter- pfand meines höchſten Vertrauens, ich gebe Dir Seraphine mit. Du biſt Seraphinens Mutter, und Bruno iſt Dein ſchützender Ritter. Morgen reiſen ſie, und übermorgen ziehen wir weiter, denn alles iſt einmal zur Weiterreiſe gerüſtet, und kann nicht wohl wieder umgeſtellt werden. Woldemar verarbeitet ſeinen Schmerz, ſich wei- ter von dem Orte zu entfernen, dem Betty ſich nähert, recht ritterlich. Jn Bruno iſt etwas vor- gegangen, ſeit Platov hier iſt, welches mir jetzt erſt anfängt, klar zu werden. Jch beſorgte ſehr, daß ſeine warme Bewunderung Jda’s zu einer unheilbaren Leidenſchaft werden müßte, denn es war nur allzu ſichtbar, daß ſie an ſeinem Hier- bleiben einen großen Antheil habe. Seit er Pla-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/306
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/306>, abgerufen am 22.11.2024.