antworten, was ich kann. Theile mir immer alle Regungen deines Herzens mit.
Jda. Jch werde dich noch sehr vieles fragen müssen. Je öfter du mit mir sprichst, je mehr Fra- gen habe ich, je mehr wünsche ich zu wissen, und doch verstehe ich dich fast immer, wenn auch nicht im ersten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein im Garten bin, verstehe ich auf einmal alles, was du mir zuvor gesagt, wenn ich dann wieder nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff.
Jch. Komm du zu mir, so oft du mich allein siehst, auch wann ich schreibe oder lese, ich will jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann ich das nicht, dann spart mein gutes Kind die Frage auf. Auch würdest du wohl thun, deine Fragen bisweilen aufzuschreiben, besonders wenn sie Dinge betreffen, die mehr den Verstand an- gehen.
Jda. O Tante, ich möchte so gern recht viel wissen, und recht klug seyn, dann, däucht mir, müßte ich auch recht gut werden: ist es nicht so, Tante? Muß man nicht immer besser werden, so wie man verständiger wird?
antworten, was ich kann. Theile mir immer alle Regungen deines Herzens mit.
Jda. Jch werde dich noch ſehr vieles fragen müſſen. Je öfter du mit mir ſprichſt, je mehr Fra- gen habe ich, je mehr wünſche ich zu wiſſen, und doch verſtehe ich dich faſt immer, wenn auch nicht im erſten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein im Garten bin, verſtehe ich auf einmal alles, was du mir zuvor geſagt, wenn ich dann wieder nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff.
Jch. Komm du zu mir, ſo oft du mich allein ſiehſt, auch wann ich ſchreibe oder leſe, ich will jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann ich das nicht, dann ſpart mein gutes Kind die Frage auf. Auch würdeſt du wohl thun, deine Fragen bisweilen aufzuſchreiben, beſonders wenn ſie Dinge betreffen, die mehr den Verſtand an- gehen.
Jda. O Tante, ich möchte ſo gern recht viel wiſſen, und recht klug ſeyn, dann, däucht mir, müßte ich auch recht gut werden: iſt es nicht ſo, Tante? Muß man nicht immer beſſer werden, ſo wie man verſtändiger wird?
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0028"n="20"/>
antworten, was ich kann. Theile mir immer<lb/>
alle Regungen deines Herzens mit.</p><lb/><p><hirendition="#g">Jda</hi>. Jch werde dich noch ſehr vieles fragen<lb/>
müſſen. Je öfter du mit mir ſprichſt, je mehr Fra-<lb/>
gen habe ich, je mehr wünſche ich zu wiſſen, und<lb/>
doch verſtehe ich dich faſt immer, wenn auch nicht<lb/>
im erſten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein<lb/>
im Garten bin, verſtehe ich auf einmal alles,<lb/>
was du mir zuvor geſagt, wenn ich dann wieder<lb/>
nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff.</p><lb/><p><hirendition="#g">Jch</hi>. Komm du zu mir, ſo oft du mich allein<lb/>ſiehſt, auch wann ich ſchreibe oder leſe, ich will<lb/>
jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann<lb/>
ich das nicht, dann ſpart mein gutes Kind die<lb/>
Frage auf. Auch würdeſt du wohl thun, deine<lb/>
Fragen bisweilen aufzuſchreiben, beſonders wenn<lb/>ſie Dinge betreffen, die mehr den Verſtand an-<lb/>
gehen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Jda</hi>. O Tante, ich möchte ſo gern recht viel<lb/>
wiſſen, und recht klug ſeyn, dann, däucht mir,<lb/>
müßte ich auch recht gut werden: iſt es nicht ſo,<lb/>
Tante? Muß man nicht immer beſſer werden,<lb/>ſo wie man verſtändiger wird?</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[20/0028]
antworten, was ich kann. Theile mir immer
alle Regungen deines Herzens mit.
Jda. Jch werde dich noch ſehr vieles fragen
müſſen. Je öfter du mit mir ſprichſt, je mehr Fra-
gen habe ich, je mehr wünſche ich zu wiſſen, und
doch verſtehe ich dich faſt immer, wenn auch nicht
im erſten Augenblick. Oft wenn ich ganz allein
im Garten bin, verſtehe ich auf einmal alles,
was du mir zuvor geſagt, wenn ich dann wieder
nachdenke, was ich Anfangs nicht begriff.
Jch. Komm du zu mir, ſo oft du mich allein
ſiehſt, auch wann ich ſchreibe oder leſe, ich will
jedesmal abbrechen, wenn ich kann, und kann
ich das nicht, dann ſpart mein gutes Kind die
Frage auf. Auch würdeſt du wohl thun, deine
Fragen bisweilen aufzuſchreiben, beſonders wenn
ſie Dinge betreffen, die mehr den Verſtand an-
gehen.
Jda. O Tante, ich möchte ſo gern recht viel
wiſſen, und recht klug ſeyn, dann, däucht mir,
müßte ich auch recht gut werden: iſt es nicht ſo,
Tante? Muß man nicht immer beſſer werden,
ſo wie man verſtändiger wird?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/28>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.