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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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schon erklärt. Aber wenn nun der Anblick furcht-
samer ängstlicher Personen, die man doch nicht im-
mer von den Kindern fern halten kann, dennoch
diese Krankheit der Seele in ihnen angezündet
hätte; soll man sie unerbittlich streng den gefürch-
teten Gegenständen entgegenstellen, um sie mit
ihnen vertraut zu machen? Keinesweges. Hier
ist Gewalt gerade das unwirksamste. Auch Spott,
und wär' es Sokratischer Spott, ist da nicht im-
mer am rechten Platz, wenn gleich er oft das Ge-
müth wohlthätig von seiner Last erleichtert. Jn
meinem 6 -- 7ten Jahre plagte mich mancherlei
Furcht. Z. B. außer der Gespensterfurcht auch
noch die vor Hunden und Pferden. Ein Pferd,
das mir unvermuthet nahe kam, konnte mich un-
glaublich ängstigen. Nun ward monatlich das
Bier zu unserm Hausgebrauche vor den Keller in
den Hof gefahren, und da nahm der Vater mich
wenn er meine Angst sahe, liebreich bei der Hand,
führte mich unter freundlichem Gespräche den Pfer-
den allmählich näher, machte mich auf die schöne
Pyhsionomie dieser Thiere aufmerksam, und sagte
dann seinem noch sehr kindischen Töchterchen, vor



ſchon erklärt. Aber wenn nun der Anblick furcht-
ſamer ängſtlicher Perſonen, die man doch nicht im-
mer von den Kindern fern halten kann, dennoch
dieſe Krankheit der Seele in ihnen angezündet
hätte; ſoll man ſie unerbittlich ſtreng den gefürch-
teten Gegenſtänden entgegenſtellen, um ſie mit
ihnen vertraut zu machen? Keinesweges. Hier
iſt Gewalt gerade das unwirkſamſte. Auch Spott,
und wär’ es Sokratiſcher Spott, iſt da nicht im-
mer am rechten Platz, wenn gleich er oft das Ge-
müth wohlthätig von ſeiner Laſt erleichtert. Jn
meinem 6 — 7ten Jahre plagte mich mancherlei
Furcht. Z. B. außer der Geſpenſterfurcht auch
noch die vor Hunden und Pferden. Ein Pferd,
das mir unvermuthet nahe kam, konnte mich un-
glaublich ängſtigen. Nun ward monatlich das
Bier zu unſerm Hausgebrauche vor den Keller in
den Hof gefahren, und da nahm der Vater mich
wenn er meine Angſt ſahe, liebreich bei der Hand,
führte mich unter freundlichem Geſpräche den Pfer-
den allmählich näher, machte mich auf die ſchöne
Pyhſionomie dieſer Thiere aufmerkſam, und ſagte
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[267/0275] ſchon erklärt. Aber wenn nun der Anblick furcht- ſamer ängſtlicher Perſonen, die man doch nicht im- mer von den Kindern fern halten kann, dennoch dieſe Krankheit der Seele in ihnen angezündet hätte; ſoll man ſie unerbittlich ſtreng den gefürch- teten Gegenſtänden entgegenſtellen, um ſie mit ihnen vertraut zu machen? Keinesweges. Hier iſt Gewalt gerade das unwirkſamſte. Auch Spott, und wär’ es Sokratiſcher Spott, iſt da nicht im- mer am rechten Platz, wenn gleich er oft das Ge- müth wohlthätig von ſeiner Laſt erleichtert. Jn meinem 6 — 7ten Jahre plagte mich mancherlei Furcht. Z. B. außer der Geſpenſterfurcht auch noch die vor Hunden und Pferden. Ein Pferd, das mir unvermuthet nahe kam, konnte mich un- glaublich ängſtigen. Nun ward monatlich das Bier zu unſerm Hausgebrauche vor den Keller in den Hof gefahren, und da nahm der Vater mich wenn er meine Angſt ſahe, liebreich bei der Hand, führte mich unter freundlichem Geſpräche den Pfer- den allmählich näher, machte mich auf die ſchöne Pyhſionomie dieſer Thiere aufmerkſam, und ſagte dann ſeinem noch ſehr kindiſchen Töchterchen, vor

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/275>, abgerufen am 22.11.2024.