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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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davon getragen, und das fordert wirklich Aufmerk-
samkeit. Schon bei der seligen Mutter waren ihr
manche kleine Verwöhnungen gestattet, und wer
könnte die Entschlafene darum tadeln! So wie
das Kind zu uns kam, und durch nichts an seine
kleine Wünsche erinnert ward, waren sie bald ver-
gessen. Während der Krankheit, wo uns alles
auf des Kindes Erhaltung ankam, mochte manche
Erinnerung aus der früheren Zeit wieder erwa-
chen. Es äußerte seine kleinen Wünsche oft mit
Ungeduld, aber sie wurden erfüllt, um es nur
heiter zu sehen. So z. B. beim Essen. Zu allen
Speisen ward ihm so viel Zucker gethan, als es
nur begehrte, damit es nur etwas genießen möch-
te. Jetzt will der Arzt das Zuckern der Speisen
nicht mehr gestatten, weil das Kind ohnehin an
Säure leidet; es muß ihm also diese Angewöh-
nung nach und nach wieder genommen werden.
Aber wie? Reizen darf man die arme Kleine noch
nicht. Jch lasse also gewöhnlich, während es sein
Sü[p]ppchen essen soll, irgend ein neues kleines
Spielzeug kommen, dessen Anblick es ergötzt, und
worüber es den Zucker vergißt; so wird dem klei-



davon getragen, und das fordert wirklich Aufmerk-
ſamkeit. Schon bei der ſeligen Mutter waren ihr
manche kleine Verwöhnungen geſtattet, und wer
könnte die Entſchlafene darum tadeln! So wie
das Kind zu uns kam, und durch nichts an ſeine
kleine Wünſche erinnert ward, waren ſie bald ver-
geſſen. Während der Krankheit, wo uns alles
auf des Kindes Erhaltung ankam, mochte manche
Erinnerung aus der früheren Zeit wieder erwa-
chen. Es äußerte ſeine kleinen Wünſche oft mit
Ungeduld, aber ſie wurden erfüllt, um es nur
heiter zu ſehen. So z. B. beim Eſſen. Zu allen
Speiſen ward ihm ſo viel Zucker gethan, als es
nur begehrte, damit es nur etwas genießen möch-
te. Jetzt will der Arzt das Zuckern der Speiſen
nicht mehr geſtatten, weil das Kind ohnehin an
Säure leidet; es muß ihm alſo dieſe Angewöh-
nung nach und nach wieder genommen werden.
Aber wie? Reizen darf man die arme Kleine noch
nicht. Jch laſſe alſo gewöhnlich, während es ſein
Sü[p]ppchen eſſen ſoll, irgend ein neues kleines
Spielzeug kommen, deſſen Anblick es ergötzt, und
worüber es den Zucker vergißt; ſo wird dem klei-

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[235/0243] davon getragen, und das fordert wirklich Aufmerk- ſamkeit. Schon bei der ſeligen Mutter waren ihr manche kleine Verwöhnungen geſtattet, und wer könnte die Entſchlafene darum tadeln! So wie das Kind zu uns kam, und durch nichts an ſeine kleine Wünſche erinnert ward, waren ſie bald ver- geſſen. Während der Krankheit, wo uns alles auf des Kindes Erhaltung ankam, mochte manche Erinnerung aus der früheren Zeit wieder erwa- chen. Es äußerte ſeine kleinen Wünſche oft mit Ungeduld, aber ſie wurden erfüllt, um es nur heiter zu ſehen. So z. B. beim Eſſen. Zu allen Speiſen ward ihm ſo viel Zucker gethan, als es nur begehrte, damit es nur etwas genießen möch- te. Jetzt will der Arzt das Zuckern der Speiſen nicht mehr geſtatten, weil das Kind ohnehin an Säure leidet; es muß ihm alſo dieſe Angewöh- nung nach und nach wieder genommen werden. Aber wie? Reizen darf man die arme Kleine noch nicht. Jch laſſe alſo gewöhnlich, während es ſein Süpppchen eſſen ſoll, irgend ein neues kleines Spielzeug kommen, deſſen Anblick es ergötzt, und worüber es den Zucker vergißt; ſo wird dem klei-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/243>, abgerufen am 21.11.2024.