das diesem Glauben Nahrung geben könnte. Ge- träumt habe ich oft sehr lebhaft, so daß ich mit ei- ner ganz kleinen Anlage zu solchem Glauben diese Träume hätte für prophetisch halten müssen. Jch hielt sie für gewöhnliche Träume, und es erfolgte nichts.
Aber die Todtenuhr, liebe Tante, die unsers Gärtners Tod anzeigte? -- Jst ein Wurm im Holze, der da nagt, wo er zu nagen findet, und mit dem Leben oder Sterben der Bewohner des Hauses nichts zu schaffen hat. Aber das Heimchen? -- Schlägt die Flügel zusammen, wenn's ihm recht warm und behaglich ist. Und die Eule? -- Die fliegt vom Lichte geblendet nach den Fenstern zu, wo spät Nachts noch Licht brennt -- und da das gewöhnlich in Krankenstuben ist, so fliegt sie da hinan, und wer darauf achten will, wird finden, daß Kranke nach solchem nächtlichen Besuche eben sowohl genesen als sterben. Und so wäre das alles nichts, liebe Tante? Nimm das vorläufig an, liebe Hertha. Wenn Du bei reiferem Verstande Er- fahrungen für die Sache machst, dann theile sie
das dieſem Glauben Nahrung geben könnte. Ge- träumt habe ich oft ſehr lebhaft, ſo daß ich mit ei- ner ganz kleinen Anlage zu ſolchem Glauben dieſe Träume hätte für prophetiſch halten müſſen. Jch hielt ſie für gewöhnliche Träume, und es erfolgte nichts.
Aber die Todtenuhr, liebe Tante, die unſers Gärtners Tod anzeigte? — Jſt ein Wurm im Holze, der da nagt, wo er zu nagen findet, und mit dem Leben oder Sterben der Bewohner des Hauſes nichts zu ſchaffen hat. Aber das Heimchen? — Schlägt die Flügel zuſammen, wenn’s ihm recht warm und behaglich iſt. Und die Eule? — Die fliegt vom Lichte geblendet nach den Fenſtern zu, wo ſpät Nachts noch Licht brennt — und da das gewöhnlich in Krankenſtuben iſt, ſo fliegt ſie da hinan, und wer darauf achten will, wird finden, daß Kranke nach ſolchem nächtlichen Beſuche eben ſowohl geneſen als ſterben. Und ſo wäre das alles nichts, liebe Tante? Nimm das vorläufig an, liebe Hertha. Wenn Du bei reiferem Verſtande Er- fahrungen für die Sache machſt, dann theile ſie
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das dieſem Glauben Nahrung geben könnte. Ge-
träumt habe ich oft ſehr lebhaft, ſo daß ich mit ei-
ner ganz kleinen Anlage zu ſolchem Glauben dieſe
Träume hätte für prophetiſch halten müſſen. Jch
hielt ſie für gewöhnliche Träume, und es erfolgte
nichts.
Aber die Todtenuhr, liebe Tante, die unſers
Gärtners Tod anzeigte? — Jſt ein Wurm im Holze,
der da nagt, wo er zu nagen findet, und mit dem
Leben oder Sterben der Bewohner des Hauſes
nichts zu ſchaffen hat. Aber das Heimchen? —
Schlägt die Flügel zuſammen, wenn’s ihm recht
warm und behaglich iſt. Und die Eule? — Die
fliegt vom Lichte geblendet nach den Fenſtern zu,
wo ſpät Nachts noch Licht brennt — und da das
gewöhnlich in Krankenſtuben iſt, ſo fliegt ſie da
hinan, und wer darauf achten will, wird finden,
daß Kranke nach ſolchem nächtlichen Beſuche eben
ſowohl geneſen als ſterben. Und ſo wäre das alles
nichts, liebe Tante? Nimm das vorläufig an, liebe
Hertha. Wenn Du bei reiferem Verſtande Er-
fahrungen für die Sache machſt, dann theile ſie
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/229>, abgerufen am 24.11.2024.
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