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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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mache die Pferde plötzlich scheu, und zische dann
mit Hohngelächter die geängsteten Leute aus. Her-
tha war gerade in der Gesindstube, als die Bäuerin
dies erzählte. Mit einemmale ward die ganze My-
thologie der Ammenstube wieder in Hertha wach --
und als sie am Abend hinaufgehen sollte, nach den
Schlafzimmern, um mir etwas zu holen, ward sie
ganz bleich. Was ist Dir, liebe Hertha? fragt'
ich wirklich verwundert, wolltest Du nicht gern
etwas für mich holen? Du bist ja sonst so leicht
beweglich. Jda sprang gleich einem Reh hinauf
und war im Moment mit der verlangten Sache
wieder da. Liebe Tante, stammelte Hertha, ich
wollte gern, aber ich konnte nicht hinaufgehen.
"Bist Du nicht wohl? O ja, aber es war mir
als ob ich hier auf dem Boden gebannt sey, ich
konnte nicht hinauf. Jch meine, ich glaube, es
müsse gleich hinter mir drein kommen. Was denn,
Hertha? -- Ach Tante, Du weißt nicht, und
Du glaubst es auch nicht, aber der Lisel ihre Schwe-
ster hat es gesagt, und die sieht doch so ehrlich aus
und lügt gewiß nicht. Nun was denn? Und da
kam denn die Geschichte des spukenden Gehenkten



mache die Pferde plötzlich ſcheu, und ziſche dann
mit Hohngelächter die geängſteten Leute aus. Her-
tha war gerade in der Geſindſtube, als die Bäuerin
dies erzählte. Mit einemmale ward die ganze My-
thologie der Ammenſtube wieder in Hertha wach —
und als ſie am Abend hinaufgehen ſollte, nach den
Schlafzimmern, um mir etwas zu holen, ward ſie
ganz bleich. Was iſt Dir, liebe Hertha? fragt’
ich wirklich verwundert, wollteſt Du nicht gern
etwas für mich holen? Du biſt ja ſonſt ſo leicht
beweglich. Jda ſprang gleich einem Reh hinauf
und war im Moment mit der verlangten Sache
wieder da. Liebe Tante, ſtammelte Hertha, ich
wollte gern, aber ich konnte nicht hinaufgehen.
„Biſt Du nicht wohl? O ja, aber es war mir
als ob ich hier auf dem Boden gebannt ſey, ich
konnte nicht hinauf. Jch meine, ich glaube, es
müſſe gleich hinter mir drein kommen. Was denn,
Hertha? — Ach Tante, Du weißt nicht, und
Du glaubſt es auch nicht, aber der Liſel ihre Schwe-
ſter hat es geſagt, und die ſieht doch ſo ehrlich aus
und lügt gewiß nicht. Nun was denn? Und da
kam denn die Geſchichte des ſpukenden Gehenkten

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[216/0224] mache die Pferde plötzlich ſcheu, und ziſche dann mit Hohngelächter die geängſteten Leute aus. Her- tha war gerade in der Geſindſtube, als die Bäuerin dies erzählte. Mit einemmale ward die ganze My- thologie der Ammenſtube wieder in Hertha wach — und als ſie am Abend hinaufgehen ſollte, nach den Schlafzimmern, um mir etwas zu holen, ward ſie ganz bleich. Was iſt Dir, liebe Hertha? fragt’ ich wirklich verwundert, wollteſt Du nicht gern etwas für mich holen? Du biſt ja ſonſt ſo leicht beweglich. Jda ſprang gleich einem Reh hinauf und war im Moment mit der verlangten Sache wieder da. Liebe Tante, ſtammelte Hertha, ich wollte gern, aber ich konnte nicht hinaufgehen. „Biſt Du nicht wohl? O ja, aber es war mir als ob ich hier auf dem Boden gebannt ſey, ich konnte nicht hinauf. Jch meine, ich glaube, es müſſe gleich hinter mir drein kommen. Was denn, Hertha? — Ach Tante, Du weißt nicht, und Du glaubſt es auch nicht, aber der Liſel ihre Schwe- ſter hat es geſagt, und die ſieht doch ſo ehrlich aus und lügt gewiß nicht. Nun was denn? Und da kam denn die Geſchichte des ſpukenden Gehenkten

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/224>, abgerufen am 22.11.2024.