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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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te gern mit Dir allein seyn. Aber das war ja
sonst nicht so, Du hattest es fast immer gern, so
oft er mit uns seyn konnte -- da war er der alte
liebe Platov, der ältere Woldemar; -- und nun
freust Du dich, da er weg geht. -- Hast Du mir
denn so gar etwas besonderes zu sagen? Nein,
Tante, laß mich nur still bei Dir seyn, ich bin
dann vergnügter. Gut, lieber Engel, sey Du bei
mir, so oft es Dir so ums Herz ist, wie jetzt. --
Jch weiß es noch sehr gut, wie es mir war, als
ich vierzehn bis fünfzehn Jahre alt war; wie es
mir da oft so beklommen war, und ich mich nach
einer Freundin sehnte, die mir tief ins Herz
schauete, und alles darin läse, was ich nicht sagen
konnte, und mir das verworrene Jnwendige ruhig
und klar machte. -- Ach, Tante, wie sprichst Du so
gar innig, recht aus der Tiefe meiner Seele. Wie
kannst Du es denn so ganz wissen, wie mir ist? --
Jch bin ja doch so glücklich, wie ein Kind es nur
seyn kann, und doch muß ich oft hinaus und mich
ausweinen, wenn ich Luft haben will. -- Da
denke ich dann, ich habe vor Freude geweint, daß
ich so glücklich bin, und das ist es auch wohl,

te gern mit Dir allein ſeyn. Aber das war ja
ſonſt nicht ſo, Du hatteſt es faſt immer gern, ſo
oft er mit uns ſeyn konnte — da war er der alte
liebe Platov, der ältere Woldemar; — und nun
freuſt Du dich, da er weg geht. — Haſt Du mir
denn ſo gar etwas beſonderes zu ſagen? Nein,
Tante, laß mich nur ſtill bei Dir ſeyn, ich bin
dann vergnügter. Gut, lieber Engel, ſey Du bei
mir, ſo oft es Dir ſo ums Herz iſt, wie jetzt. —
Jch weiß es noch ſehr gut, wie es mir war, als
ich vierzehn bis fünfzehn Jahre alt war; wie es
mir da oft ſo beklommen war, und ich mich nach
einer Freundin ſehnte, die mir tief ins Herz
ſchauete, und alles darin läſe, was ich nicht ſagen
konnte, und mir das verworrene Jnwendige ruhig
und klar machte. — Ach, Tante, wie ſprichſt Du ſo
gar innig, recht aus der Tiefe meiner Seele. Wie
kannſt Du es denn ſo ganz wiſſen, wie mir iſt? —
Jch bin ja doch ſo glücklich, wie ein Kind es nur
ſeyn kann, und doch muß ich oft hinaus und mich
ausweinen, wenn ich Luft haben will. — Da
denke ich dann, ich habe vor Freude geweint, daß
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[147/0155] te gern mit Dir allein ſeyn. Aber das war ja ſonſt nicht ſo, Du hatteſt es faſt immer gern, ſo oft er mit uns ſeyn konnte — da war er der alte liebe Platov, der ältere Woldemar; — und nun freuſt Du dich, da er weg geht. — Haſt Du mir denn ſo gar etwas beſonderes zu ſagen? Nein, Tante, laß mich nur ſtill bei Dir ſeyn, ich bin dann vergnügter. Gut, lieber Engel, ſey Du bei mir, ſo oft es Dir ſo ums Herz iſt, wie jetzt. — Jch weiß es noch ſehr gut, wie es mir war, als ich vierzehn bis fünfzehn Jahre alt war; wie es mir da oft ſo beklommen war, und ich mich nach einer Freundin ſehnte, die mir tief ins Herz ſchauete, und alles darin läſe, was ich nicht ſagen konnte, und mir das verworrene Jnwendige ruhig und klar machte. — Ach, Tante, wie ſprichſt Du ſo gar innig, recht aus der Tiefe meiner Seele. Wie kannſt Du es denn ſo ganz wiſſen, wie mir iſt? — Jch bin ja doch ſo glücklich, wie ein Kind es nur ſeyn kann, und doch muß ich oft hinaus und mich ausweinen, wenn ich Luft haben will. — Da denke ich dann, ich habe vor Freude geweint, daß ich ſo glücklich bin, und das iſt es auch wohl,

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/155>, abgerufen am 21.11.2024.