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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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ich dir schon gesagt; auch an Platov möchte sie gerne
heran, möchte sich durch kleine Dienste ihm gern wich-
tig machen, wenn er nur die mindeste Notitz von ihr
nehmen wollte. Aber ihre kleinen schlauen Künste
gleiten alle ab an seinem Ernste. Eben so ist sie sich
zu zeigen bemühet, so oft sonst Männer zum Besuch
da sind. Bei mir ist es ihr zum ersten Male im
Leben begegnet, daß sie eine Person ihres Ge-
schlechtes fürchtend achten mußte. Auch scheint
ihr das noch immer nicht ganz behaglich: sie würde
es lieber nicht thun, wenn ihr es helfen könnte.
Für jetzt glaube ich auch bei ihr noch nicht viel
mehr bewirkt zu haben, als äußerliche Zucht; und
auch das wäre ohne die ernsten Auftritte im Willig-
schen Hause wohl nicht so bald gelungen. Das
Band, welches sie an uns fest hält, ist das ihr
neue Geistesleben, wodurch ihr das peinliche der
Leere ihres ehemaligen Lebens erspart wird. Jch
möchte wohl gern wieder zu Hause seyn, denn da
darf ich alles was ich will, sagte sie neulich zu Ma-
thilden, aber ich ennuyire mich zu Tod. Selbst
das Herrschen über Mägde und Weiber ist ihr
langweilig; aber Männern schnippische Antworten

ich dir ſchon geſagt; auch an Platov möchte ſie gerne
heran, möchte ſich durch kleine Dienſte ihm gern wich-
tig machen, wenn er nur die mindeſte Notitz von ihr
nehmen wollte. Aber ihre kleinen ſchlauen Künſte
gleiten alle ab an ſeinem Ernſte. Eben ſo iſt ſie ſich
zu zeigen bemühet, ſo oft ſonſt Männer zum Beſuch
da ſind. Bei mir iſt es ihr zum erſten Male im
Leben begegnet, daß ſie eine Perſon ihres Ge-
ſchlechtes fürchtend achten mußte. Auch ſcheint
ihr das noch immer nicht ganz behaglich: ſie würde
es lieber nicht thun, wenn ihr es helfen könnte.
Für jetzt glaube ich auch bei ihr noch nicht viel
mehr bewirkt zu haben, als äußerliche Zucht; und
auch das wäre ohne die ernſten Auftritte im Willig-
ſchen Hauſe wohl nicht ſo bald gelungen. Das
Band, welches ſie an uns feſt hält, iſt das ihr
neue Geiſtesleben, wodurch ihr das peinliche der
Leere ihres ehemaligen Lebens erſpart wird. Jch
möchte wohl gern wieder zu Hauſe ſeyn, denn da
darf ich alles was ich will, ſagte ſie neulich zu Ma-
thilden, aber ich ennuyire mich zu Tod. Selbſt
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langweilig; aber Männern ſchnippiſche Antworten

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[125/0133] ich dir ſchon geſagt; auch an Platov möchte ſie gerne heran, möchte ſich durch kleine Dienſte ihm gern wich- tig machen, wenn er nur die mindeſte Notitz von ihr nehmen wollte. Aber ihre kleinen ſchlauen Künſte gleiten alle ab an ſeinem Ernſte. Eben ſo iſt ſie ſich zu zeigen bemühet, ſo oft ſonſt Männer zum Beſuch da ſind. Bei mir iſt es ihr zum erſten Male im Leben begegnet, daß ſie eine Perſon ihres Ge- ſchlechtes fürchtend achten mußte. Auch ſcheint ihr das noch immer nicht ganz behaglich: ſie würde es lieber nicht thun, wenn ihr es helfen könnte. Für jetzt glaube ich auch bei ihr noch nicht viel mehr bewirkt zu haben, als äußerliche Zucht; und auch das wäre ohne die ernſten Auftritte im Willig- ſchen Hauſe wohl nicht ſo bald gelungen. Das Band, welches ſie an uns feſt hält, iſt das ihr neue Geiſtesleben, wodurch ihr das peinliche der Leere ihres ehemaligen Lebens erſpart wird. Jch möchte wohl gern wieder zu Hauſe ſeyn, denn da darf ich alles was ich will, ſagte ſie neulich zu Ma- thilden, aber ich ennuyire mich zu Tod. Selbſt das Herrſchen über Mägde und Weiber iſt ihr langweilig; aber Männern ſchnippiſche Antworten

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/133>, abgerufen am 24.11.2024.