vernehmen soll; der allein weckt das Göttliche im Menschen.
Wächs't sie ein wenig heran -- etwa im dritten Jahre -- dann laß sie auf das Brausen der Wo- gen am Gestade, auf das Nauschen der hohen Tan- nenwipfel, auf das Rollen des noch fernen Don- ners merken. Dein feierliches: Horch, Jda, es donnert! horch, wie es brauset! wird sie schon aufmerksam machen. Und wenn sie sich dann ein wenig schüchtern an Dich schmiegt, so weißt Du, das Gefühl der unsichtbaren Macht ist in ihre Seele gedrungen. Wie früh sie den Namen Gott hört, darauf kommt es nicht an. Dieser heilige Schauer vor dem Unsichtbaren, und die Jnnigkeit, mit der sie Dir anhängt, sind ihre erste Religion. Sollte sie beim Geräusche des nahen Donners zu bange werden, dann wird ein heiterer Blick von Dir nach oben hinauf, uud das leise Wort: Va- ter im Himmel! das Dir vielleicht unwillkürlich von der Lippe strömt, das kleine Herz besänftigen. Aber weiter muß sie noch nichts hören. Solche Worte oder nur Blicke fallen als Funken in's junge
vernehmen ſoll; der allein weckt das Göttliche im Menſchen.
Wächſ’t ſie ein wenig heran — etwa im dritten Jahre — dann laß ſie auf das Brauſen der Wo- gen am Geſtade, auf das Nauſchen der hohen Tan- nenwipfel, auf das Rollen des noch fernen Don- ners merken. Dein feierliches: Horch, Jda, es donnert! horch, wie es brauſet! wird ſie ſchon aufmerkſam machen. Und wenn ſie ſich dann ein wenig ſchüchtern an Dich ſchmiegt, ſo weißt Du, das Gefühl der unſichtbaren Macht iſt in ihre Seele gedrungen. Wie früh ſie den Namen Gott hört, darauf kommt es nicht an. Dieſer heilige Schauer vor dem Unſichtbaren, und die Jnnigkeit, mit der ſie Dir anhängt, ſind ihre erſte Religion. Sollte ſie beim Geräuſche des nahen Donners zu bange werden, dann wird ein heiterer Blick von Dir nach oben hinauf, uud das leiſe Wort: Va- ter im Himmel! das Dir vielleicht unwillkürlich von der Lippe ſtrömt, das kleine Herz beſänftigen. Aber weiter muß ſie noch nichts hören. Solche Worte oder nur Blicke fallen als Funken in’s junge
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vernehmen ſoll; der allein weckt das Göttliche im
Menſchen.
Wächſ’t ſie ein wenig heran — etwa im dritten
Jahre — dann laß ſie auf das Brauſen der Wo-
gen am Geſtade, auf das Nauſchen der hohen Tan-
nenwipfel, auf das Rollen des noch fernen Don-
ners merken. Dein feierliches: Horch, Jda, es
donnert! horch, wie es brauſet! wird ſie ſchon
aufmerkſam machen. Und wenn ſie ſich dann ein
wenig ſchüchtern an Dich ſchmiegt, ſo weißt Du,
das Gefühl der unſichtbaren Macht iſt in ihre
Seele gedrungen. Wie früh ſie den Namen Gott
hört, darauf kommt es nicht an. Dieſer heilige
Schauer vor dem Unſichtbaren, und die Jnnigkeit,
mit der ſie Dir anhängt, ſind ihre erſte Religion.
Sollte ſie beim Geräuſche des nahen Donners zu
bange werden, dann wird ein heiterer Blick von
Dir nach oben hinauf, uud das leiſe Wort: Va-
ter im Himmel! das Dir vielleicht unwillkürlich
von der Lippe ſtrömt, das kleine Herz beſänftigen.
Aber weiter muß ſie noch nichts hören. Solche
Worte oder nur Blicke fallen als Funken in’s junge
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/60>, abgerufen am 22.11.2024.
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