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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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mit dem Spieße nach dem David fährt. Das
vorjüngste Kind, welches eben zu plaudern anfing,
fragte mich: Tante, willst Du mir nicht erklären,
was der Mann da macht mit dem großen Messer?
Jch war verlegen, und wollte das Kind hiervon ab
und zum nächsten Bilde führen, um ihm davon et-
was zu erzählen, und siehe da! das nächste Bild
stellte den Teufel auf der Zinne des Tempels vor,
wie er Christum versuchte. Es ist, wollt' ich eben
sagen, ein großer Affe, der den schönen heiligen
Mann da herunterstürzen will, als mir einfiel,
daß ich so die Furcht vor den Affen in das Kind
hineinfabeln würde. Die nächste Abbildung sollte
mir aus der Noth helfen -- und was fand ich?
Es war Herkules, halb verbrannt auf seinem Schei-
terhaufen, und der Centaur Nessus, der dem Ak-
tus aus einiger Ferne zusah. Jch erspare Dir
die Beschreibung der übrigen Vorstellungen. Daß
auch Jupiter und Europa, Diana und Aktäon nicht
fehlten, versteht sich. -- Komm, Lilli, rief ich,
wir wollen in den Garten, wollen Blumen pflük-
ken und der Mutter einen Kranz flechten. So
verließ ich die Kinderstube, in die ich seitdem nur



mit dem Spieße nach dem David fährt. Das
vorjüngſte Kind, welches eben zu plaudern anfing,
fragte mich: Tante, willſt Du mir nicht erklären,
was der Mann da macht mit dem großen Meſſer?
Jch war verlegen, und wollte das Kind hiervon ab
und zum nächſten Bilde führen, um ihm davon et-
was zu erzählen, und ſiehe da! das nächſte Bild
ſtellte den Teufel auf der Zinne des Tempels vor,
wie er Chriſtum verſuchte. Es iſt, wollt’ ich eben
ſagen, ein großer Affe, der den ſchönen heiligen
Mann da herunterſtürzen will, als mir einfiel,
daß ich ſo die Furcht vor den Affen in das Kind
hineinfabeln würde. Die nächſte Abbildung ſollte
mir aus der Noth helfen — und was fand ich?
Es war Herkules, halb verbrannt auf ſeinem Schei-
terhaufen, und der Centaur Neſſus, der dem Ak-
tus aus einiger Ferne zuſah. Jch erſpare Dir
die Beſchreibung der übrigen Vorſtellungen. Daß
auch Jupiter und Europa, Diana und Aktäon nicht
fehlten, verſteht ſich. — Komm, Lilli, rief ich,
wir wollen in den Garten, wollen Blumen pflük-
ken und der Mutter einen Kranz flechten. So
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[21/0035] mit dem Spieße nach dem David fährt. Das vorjüngſte Kind, welches eben zu plaudern anfing, fragte mich: Tante, willſt Du mir nicht erklären, was der Mann da macht mit dem großen Meſſer? Jch war verlegen, und wollte das Kind hiervon ab und zum nächſten Bilde führen, um ihm davon et- was zu erzählen, und ſiehe da! das nächſte Bild ſtellte den Teufel auf der Zinne des Tempels vor, wie er Chriſtum verſuchte. Es iſt, wollt’ ich eben ſagen, ein großer Affe, der den ſchönen heiligen Mann da herunterſtürzen will, als mir einfiel, daß ich ſo die Furcht vor den Affen in das Kind hineinfabeln würde. Die nächſte Abbildung ſollte mir aus der Noth helfen — und was fand ich? Es war Herkules, halb verbrannt auf ſeinem Schei- terhaufen, und der Centaur Neſſus, der dem Ak- tus aus einiger Ferne zuſah. Jch erſpare Dir die Beſchreibung der übrigen Vorſtellungen. Daß auch Jupiter und Europa, Diana und Aktäon nicht fehlten, verſteht ſich. — Komm, Lilli, rief ich, wir wollen in den Garten, wollen Blumen pflük- ken und der Mutter einen Kranz flechten. So verließ ich die Kinderſtube, in die ich ſeitdem nur

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/35>, abgerufen am 24.11.2024.