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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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stark auf uns, und waren äußerst begierig, die
Kinder in der Nähe zu sehen, die ich bis jetzt von
der eleganten Welt so fern gehalten hatte. Frei-
lich kann ich mich dieser Welt im Winter nicht
ganz entziehen, und habe wöchentlich einmal Ge-
sellschaft im Hause. So lange Gertrud bei uns
war, ließ ich die Kinder während dessen unter
ihren Augen arbeiten. Seitdem die bei Dir
ist, überlasse ich die Kinder sich selbst, und ge-
be ihnen für die Zeit eine bestimmte Aufgabe.
Besuche ich diese Zirkel einmal außer meinem
Hause, so lasse ich auch dann die Kinder zu Hause.
Dann ist oft Herr von Platov ihr Mentor. So
wurden sie also von einer Welt des Scheines zu-
rückgehalten, und werden es noch ferner, bis wir
mit dem Seyn ein wenig festen Boden unter uns
fühlen. Das hat mir aber diese glänzende Welt
nicht gut genommen, die ihre Sprößlinge nicht
früh genug über die Kunst, sich zu geben, belehren
kann. Es war noch früh, als wir ins Konzert
kamen. Neugierig umringten uns die Damen
meiner Bekanntschaft, um, wie ich aus einiger
Ferne schon flüstern hörte, die Wunderkinder

ſtark auf uns, und waren äußerſt begierig, die
Kinder in der Nähe zu ſehen, die ich bis jetzt von
der eleganten Welt ſo fern gehalten hatte. Frei-
lich kann ich mich dieſer Welt im Winter nicht
ganz entziehen, und habe wöchentlich einmal Ge-
ſellſchaft im Hauſe. So lange Gertrud bei uns
war, ließ ich die Kinder während deſſen unter
ihren Augen arbeiten. Seitdem die bei Dir
iſt, überlaſſe ich die Kinder ſich ſelbſt, und ge-
be ihnen für die Zeit eine beſtimmte Aufgabe.
Beſuche ich dieſe Zirkel einmal außer meinem
Hauſe, ſo laſſe ich auch dann die Kinder zu Hauſe.
Dann iſt oft Herr von Platov ihr Mentor. So
wurden ſie alſo von einer Welt des Scheines zu-
rückgehalten, und werden es noch ferner, bis wir
mit dem Seyn ein wenig feſten Boden unter uns
fühlen. Das hat mir aber dieſe glänzende Welt
nicht gut genommen, die ihre Sprößlinge nicht
früh genug über die Kunſt, ſich zu geben, belehren
kann. Es war noch früh, als wir ins Konzert
kamen. Neugierig umringten uns die Damen
meiner Bekanntſchaft, um, wie ich aus einiger
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[275/0289] ſtark auf uns, und waren äußerſt begierig, die Kinder in der Nähe zu ſehen, die ich bis jetzt von der eleganten Welt ſo fern gehalten hatte. Frei- lich kann ich mich dieſer Welt im Winter nicht ganz entziehen, und habe wöchentlich einmal Ge- ſellſchaft im Hauſe. So lange Gertrud bei uns war, ließ ich die Kinder während deſſen unter ihren Augen arbeiten. Seitdem die bei Dir iſt, überlaſſe ich die Kinder ſich ſelbſt, und ge- be ihnen für die Zeit eine beſtimmte Aufgabe. Beſuche ich dieſe Zirkel einmal außer meinem Hauſe, ſo laſſe ich auch dann die Kinder zu Hauſe. Dann iſt oft Herr von Platov ihr Mentor. So wurden ſie alſo von einer Welt des Scheines zu- rückgehalten, und werden es noch ferner, bis wir mit dem Seyn ein wenig feſten Boden unter uns fühlen. Das hat mir aber dieſe glänzende Welt nicht gut genommen, die ihre Sprößlinge nicht früh genug über die Kunſt, ſich zu geben, belehren kann. Es war noch früh, als wir ins Konzert kamen. Neugierig umringten uns die Damen meiner Bekanntſchaft, um, wie ich aus einiger Ferne ſchon flüſtern hörte, die Wunderkinder

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/289>, abgerufen am 22.11.2024.