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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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Tanzmeister seine Kunst verstehe, er muß sie auch
auf die rechte Weise mitzutheilen verstehen. Nicht
leichter hören Kinder auf, Kinder zu seyn, als
beim Tanzunterricht. Wenn sie da nicht als Kin-
der behandelt werden, wenn ihre Unschuld und
Unbefangenheit da nicht respectirt wird, so ver-
lieren wir oft den Preis der äußersten Sorgfalt
von zehn bis zwölf Jahren in wenig Stunden.
Es entwickeln sich da nicht nur Eitelkeit, sondern
ganz andere Gefühle und Begriffe, von denen wir
wollten, daß sie noch Jahre lang schliefen, und sie
schießen schnell und üppig auf, wie Treibhaus-
pflanzen. Verlaß dich aber auf meine strenge
Wahl. Finde ich keinen Tanzmeister, der meine
Ansichten fassen und respectiren, und sich der heil-
losen Tanzmeisterkünste, die Eitelkeit aufzuregen,
enthalten kann: so nehme ich keinen, wenigstens
unternehme ich dann diese Sache nicht eher, als
bis bei den Kindern so gut und sicher vorgearbeitet
ist, daß ich nichts zu fürchten brauche. Glückli-
cher Weise bedürfen unsere Kinder dieser Aufhülfe
der Kunst zu einer schönen Haltung nicht. Die
schönste ist doch wohl ohne Zweifel die leichte na-

Tanzmeiſter ſeine Kunſt verſtehe, er muß ſie auch
auf die rechte Weiſe mitzutheilen verſtehen. Nicht
leichter hören Kinder auf, Kinder zu ſeyn, als
beim Tanzunterricht. Wenn ſie da nicht als Kin-
der behandelt werden, wenn ihre Unſchuld und
Unbefangenheit da nicht reſpectirt wird, ſo ver-
lieren wir oft den Preis der äußerſten Sorgfalt
von zehn bis zwölf Jahren in wenig Stunden.
Es entwickeln ſich da nicht nur Eitelkeit, ſondern
ganz andere Gefühle und Begriffe, von denen wir
wollten, daß ſie noch Jahre lang ſchliefen, und ſie
ſchießen ſchnell und üppig auf, wie Treibhaus-
pflanzen. Verlaß dich aber auf meine ſtrenge
Wahl. Finde ich keinen Tanzmeiſter, der meine
Anſichten faſſen und reſpectiren, und ſich der heil-
loſen Tanzmeiſterkünſte, die Eitelkeit aufzuregen,
enthalten kann: ſo nehme ich keinen, wenigſtens
unternehme ich dann dieſe Sache nicht eher, als
bis bei den Kindern ſo gut und ſicher vorgearbeitet
iſt, daß ich nichts zu fürchten brauche. Glückli-
cher Weiſe bedürfen unſere Kinder dieſer Aufhülfe
der Kunſt zu einer ſchönen Haltung nicht. Die
ſchönſte iſt doch wohl ohne Zweifel die leichte na-

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[235/0249] Tanzmeiſter ſeine Kunſt verſtehe, er muß ſie auch auf die rechte Weiſe mitzutheilen verſtehen. Nicht leichter hören Kinder auf, Kinder zu ſeyn, als beim Tanzunterricht. Wenn ſie da nicht als Kin- der behandelt werden, wenn ihre Unſchuld und Unbefangenheit da nicht reſpectirt wird, ſo ver- lieren wir oft den Preis der äußerſten Sorgfalt von zehn bis zwölf Jahren in wenig Stunden. Es entwickeln ſich da nicht nur Eitelkeit, ſondern ganz andere Gefühle und Begriffe, von denen wir wollten, daß ſie noch Jahre lang ſchliefen, und ſie ſchießen ſchnell und üppig auf, wie Treibhaus- pflanzen. Verlaß dich aber auf meine ſtrenge Wahl. Finde ich keinen Tanzmeiſter, der meine Anſichten faſſen und reſpectiren, und ſich der heil- loſen Tanzmeiſterkünſte, die Eitelkeit aufzuregen, enthalten kann: ſo nehme ich keinen, wenigſtens unternehme ich dann dieſe Sache nicht eher, als bis bei den Kindern ſo gut und ſicher vorgearbeitet iſt, daß ich nichts zu fürchten brauche. Glückli- cher Weiſe bedürfen unſere Kinder dieſer Aufhülfe der Kunſt zu einer ſchönen Haltung nicht. Die ſchönſte iſt doch wohl ohne Zweifel die leichte na-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/249>, abgerufen am 22.11.2024.