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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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kauft, dieß brachte sie nun ganz verschämt hervor,
und gab es der Gertrud mit. Es ist das erste Ge-
schenk, welches sie macht.

Woldemar kam geflogen, um seine unbändige
Freude auszuschütten. Er zerdrückte Jda fast:
auch gegen Mathilde war er schon seit einiger Zeit
milder, und heute sehr freundlich. Die Kinder
waren wie Engel des Himmels mit einander.
Platov hat ihm eine Uhr geschenkt, wozu ich das
Uhrband gestrickt. Wie der närrische Mensch so
stolz damit auf und ab ging, und sich unaufhör-
lich besah! -- Jch hatte ihnen ein nettes Frühstück
bereitet. Das genoßen sie in dem Musikzimmer.
Jda hatte ein Liedchen gelernt, welches sie ihm
nachher sang. Hast Du Jda's Briefchen gelesen,
Tante Selma? Jch hatte es nicht gelesen. Er
reichte es mir. Und dies ist sein Jnhalt:

Mein lieber Bruder Woldemar!

"Du bist ein herrlicher Bruder, und hast Jda
so lieb. Jda hat Dich aber gar sehr lieb. O, wa-

kauft, dieß brachte ſie nun ganz verſchämt hervor,
und gab es der Gertrud mit. Es iſt das erſte Ge-
ſchenk, welches ſie macht.

Woldemar kam geflogen, um ſeine unbändige
Freude auszuſchütten. Er zerdrückte Jda faſt:
auch gegen Mathilde war er ſchon ſeit einiger Zeit
milder, und heute ſehr freundlich. Die Kinder
waren wie Engel des Himmels mit einander.
Platov hat ihm eine Uhr geſchenkt, wozu ich das
Uhrband geſtrickt. Wie der närriſche Menſch ſo
ſtolz damit auf und ab ging, und ſich unaufhör-
lich beſah! — Jch hatte ihnen ein nettes Frühſtück
bereitet. Das genoßen ſie in dem Muſikzimmer.
Jda hatte ein Liedchen gelernt, welches ſie ihm
nachher ſang. Haſt Du Jda’s Briefchen geleſen,
Tante Selma? Jch hatte es nicht geleſen. Er
reichte es mir. Und dies iſt ſein Jnhalt:

Mein lieber Bruder Woldemar!

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[212/0226] kauft, dieß brachte ſie nun ganz verſchämt hervor, und gab es der Gertrud mit. Es iſt das erſte Ge- ſchenk, welches ſie macht. Woldemar kam geflogen, um ſeine unbändige Freude auszuſchütten. Er zerdrückte Jda faſt: auch gegen Mathilde war er ſchon ſeit einiger Zeit milder, und heute ſehr freundlich. Die Kinder waren wie Engel des Himmels mit einander. Platov hat ihm eine Uhr geſchenkt, wozu ich das Uhrband geſtrickt. Wie der närriſche Menſch ſo ſtolz damit auf und ab ging, und ſich unaufhör- lich beſah! — Jch hatte ihnen ein nettes Frühſtück bereitet. Das genoßen ſie in dem Muſikzimmer. Jda hatte ein Liedchen gelernt, welches ſie ihm nachher ſang. Haſt Du Jda’s Briefchen geleſen, Tante Selma? Jch hatte es nicht geleſen. Er reichte es mir. Und dies iſt ſein Jnhalt: Mein lieber Bruder Woldemar! „Du biſt ein herrlicher Bruder, und haſt Jda ſo lieb. Jda hat Dich aber gar ſehr lieb. O, wa-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/226>, abgerufen am 22.11.2024.