kauft, dieß brachte sie nun ganz verschämt hervor, und gab es der Gertrud mit. Es ist das erste Ge- schenk, welches sie macht.
Woldemar kam geflogen, um seine unbändige Freude auszuschütten. Er zerdrückte Jda fast: auch gegen Mathilde war er schon seit einiger Zeit milder, und heute sehr freundlich. Die Kinder waren wie Engel des Himmels mit einander. Platov hat ihm eine Uhr geschenkt, wozu ich das Uhrband gestrickt. Wie der närrische Mensch so stolz damit auf und ab ging, und sich unaufhör- lich besah! -- Jch hatte ihnen ein nettes Frühstück bereitet. Das genoßen sie in dem Musikzimmer. Jda hatte ein Liedchen gelernt, welches sie ihm nachher sang. Hast Du Jda's Briefchen gelesen, Tante Selma? Jch hatte es nicht gelesen. Er reichte es mir. Und dies ist sein Jnhalt:
Mein lieber Bruder Woldemar!
"Du bist ein herrlicher Bruder, und hast Jda so lieb. Jda hat Dich aber gar sehr lieb. O, wa-
kauft, dieß brachte ſie nun ganz verſchämt hervor, und gab es der Gertrud mit. Es iſt das erſte Ge- ſchenk, welches ſie macht.
Woldemar kam geflogen, um ſeine unbändige Freude auszuſchütten. Er zerdrückte Jda faſt: auch gegen Mathilde war er ſchon ſeit einiger Zeit milder, und heute ſehr freundlich. Die Kinder waren wie Engel des Himmels mit einander. Platov hat ihm eine Uhr geſchenkt, wozu ich das Uhrband geſtrickt. Wie der närriſche Menſch ſo ſtolz damit auf und ab ging, und ſich unaufhör- lich beſah! — Jch hatte ihnen ein nettes Frühſtück bereitet. Das genoßen ſie in dem Muſikzimmer. Jda hatte ein Liedchen gelernt, welches ſie ihm nachher ſang. Haſt Du Jda’s Briefchen geleſen, Tante Selma? Jch hatte es nicht geleſen. Er reichte es mir. Und dies iſt ſein Jnhalt:
Mein lieber Bruder Woldemar!
„Du biſt ein herrlicher Bruder, und haſt Jda ſo lieb. Jda hat Dich aber gar ſehr lieb. O, wa-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0226"n="212"/>
kauft, dieß brachte ſie nun ganz verſchämt hervor,<lb/>
und gab es der Gertrud mit. Es iſt das erſte Ge-<lb/>ſchenk, welches ſie macht.</p><lb/><p>Woldemar kam geflogen, um ſeine unbändige<lb/>
Freude auszuſchütten. Er zerdrückte Jda faſt:<lb/>
auch gegen Mathilde war er ſchon ſeit einiger Zeit<lb/>
milder, und heute ſehr freundlich. Die Kinder<lb/>
waren wie Engel des Himmels mit einander.<lb/>
Platov hat ihm eine Uhr geſchenkt, wozu ich das<lb/>
Uhrband geſtrickt. Wie der närriſche Menſch ſo<lb/>ſtolz damit auf und ab ging, und ſich unaufhör-<lb/>
lich beſah! — Jch hatte ihnen ein nettes Frühſtück<lb/>
bereitet. Das genoßen ſie in dem Muſikzimmer.<lb/>
Jda hatte ein Liedchen gelernt, welches ſie ihm<lb/>
nachher ſang. Haſt Du Jda’s Briefchen geleſen,<lb/>
Tante Selma? Jch hatte es nicht geleſen. Er<lb/>
reichte es mir. Und dies iſt ſein Jnhalt:</p><lb/><floatingText><body><divtype="letter"><opener><salute><hirendition="#g">Mein lieber Bruder Woldemar!</hi></salute></opener><lb/><p>„Du biſt ein herrlicher Bruder, <hirendition="#g">und</hi> haſt Jda<lb/>ſo lieb. Jda hat Dich aber gar ſehr lieb. O, wa-<lb/></p></div></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[212/0226]
kauft, dieß brachte ſie nun ganz verſchämt hervor,
und gab es der Gertrud mit. Es iſt das erſte Ge-
ſchenk, welches ſie macht.
Woldemar kam geflogen, um ſeine unbändige
Freude auszuſchütten. Er zerdrückte Jda faſt:
auch gegen Mathilde war er ſchon ſeit einiger Zeit
milder, und heute ſehr freundlich. Die Kinder
waren wie Engel des Himmels mit einander.
Platov hat ihm eine Uhr geſchenkt, wozu ich das
Uhrband geſtrickt. Wie der närriſche Menſch ſo
ſtolz damit auf und ab ging, und ſich unaufhör-
lich beſah! — Jch hatte ihnen ein nettes Frühſtück
bereitet. Das genoßen ſie in dem Muſikzimmer.
Jda hatte ein Liedchen gelernt, welches ſie ihm
nachher ſang. Haſt Du Jda’s Briefchen geleſen,
Tante Selma? Jch hatte es nicht geleſen. Er
reichte es mir. Und dies iſt ſein Jnhalt:
Mein lieber Bruder Woldemar!
„Du biſt ein herrlicher Bruder, und haſt Jda
ſo lieb. Jda hat Dich aber gar ſehr lieb. O, wa-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/226>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.