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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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sehr gebessert. Jch war wirklich oft schlecht. Hät-
test du mich da hart gestraft, so wäre ich böse ge-
worden. [Nun] werde ich gut, das weiß ich; aber
meine alten Grillen werden noch oft wiederkom-
men. Darf ich sie dir dann immer klagen?

Jch. Jmmer, wie sie auch seyn mögen. Was
du auch schlimmes denkst: ich will dich immer
lieb behalten, wenn du nur keine Freude daran
hast. Das Schlechte wissentlich in sich dulden,
das ist böse.

Mathilde. O, küsse mich, Tante! Sage
mir es noch einmal, daß du mich liebst.

Jch schloß sie mit wahrer Jnnigkeit in meine
Arme. Das arme Kind hatte mein Jnnerstes
aufgeregt.

Mathilde. Kann ich wohl noch so fromm
werden, wie Jda?

Jch. Du kannst sehr fromm und brav wer-
den, wenn gleich nicht, wie Jda. Es können
nicht alle Kinder seyn, wie Jda. Jedes muß auf
seine Weise gut und brav seyn; du, wie Mathilde

ſehr gebeſſert. Jch war wirklich oft ſchlecht. Hät-
teſt du mich da hart geſtraft, ſo wäre ich böſe ge-
worden. [Nun] werde ich gut, das weiß ich; aber
meine alten Grillen werden noch oft wiederkom-
men. Darf ich ſie dir dann immer klagen?

Jch. Jmmer, wie ſie auch ſeyn mögen. Was
du auch ſchlimmes denkſt: ich will dich immer
lieb behalten, wenn du nur keine Freude daran
haſt. Das Schlechte wiſſentlich in ſich dulden,
das iſt böſe.

Mathilde. O, küſſe mich, Tante! Sage
mir es noch einmal, daß du mich liebſt.

Jch ſchloß ſie mit wahrer Jnnigkeit in meine
Arme. Das arme Kind hatte mein Jnnerſtes
aufgeregt.

Mathilde. Kann ich wohl noch ſo fromm
werden, wie Jda?

Jch. Du kannſt ſehr fromm und brav wer-
den, wenn gleich nicht, wie Jda. Es können
nicht alle Kinder ſeyn, wie Jda. Jedes muß auf
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[206/0220] ſehr gebeſſert. Jch war wirklich oft ſchlecht. Hät- teſt du mich da hart geſtraft, ſo wäre ich böſe ge- worden. Nun werde ich gut, das weiß ich; aber meine alten Grillen werden noch oft wiederkom- men. Darf ich ſie dir dann immer klagen? Jch. Jmmer, wie ſie auch ſeyn mögen. Was du auch ſchlimmes denkſt: ich will dich immer lieb behalten, wenn du nur keine Freude daran haſt. Das Schlechte wiſſentlich in ſich dulden, das iſt böſe. Mathilde. O, küſſe mich, Tante! Sage mir es noch einmal, daß du mich liebſt. Jch ſchloß ſie mit wahrer Jnnigkeit in meine Arme. Das arme Kind hatte mein Jnnerſtes aufgeregt. Mathilde. Kann ich wohl noch ſo fromm werden, wie Jda? Jch. Du kannſt ſehr fromm und brav wer- den, wenn gleich nicht, wie Jda. Es können nicht alle Kinder ſeyn, wie Jda. Jedes muß auf ſeine Weiſe gut und brav ſeyn; du, wie Mathilde

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/220>, abgerufen am 22.11.2024.