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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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moralisch unschädlich ist, und auch körperlich ge-
deihlich seyn kann. Es gibt ja Nahrungsmittel,
die einem jungen Kinde viel zuträglicher sind, als
die Milch einer kranken Mutter, oder einer schlech-
ten Amme. Es ist nicht schöne Mutterliebe, son-
dern Schwäche, die in ihren Folgen von der Här-
te gar nicht verschieden ist, wenn eine kränkelnde
Mutter sich nicht entschließen kann, die Freude
des Selbstnährens aufzuopfern, und wenn sie dem
zarten Menschensprößling zumuthet, schon so frühe
die Plagen des Lebens mit ihr zu theilen. -- --
Aber noch einmal, ich hoffe, das Schicksal wer-
de Dich die süße Mutterfreude ganz rein und mit
vollen Zügen schmecken lassen. An Deiner Hei-
terkeit wird des Kindes Frohsinn zuerst anglim-
men. Aus Deines Angesichts Freude wird sein
erstes Lächeln sich bilden. Deiner melodischen
Stimme, wenn Du heiter bist, wird es horchen,
und es wird der Wohllaut in dem kleinen Wesen
geboren werden. Schreien wird es, wie jedes
andre Kind, aber nur wenn irgend ein Schmerz,
wenigstens irgend eine Unbequemlichkeit, ihm die-
se Nothwehr oder Bitte um Hülfe abdringt. Die-



moraliſch unſchädlich iſt, und auch körperlich ge-
deihlich ſeyn kann. Es gibt ja Nahrungsmittel,
die einem jungen Kinde viel zuträglicher ſind, als
die Milch einer kranken Mutter, oder einer ſchlech-
ten Amme. Es iſt nicht ſchöne Mutterliebe, ſon-
dern Schwäche, die in ihren Folgen von der Här-
te gar nicht verſchieden iſt, wenn eine kränkelnde
Mutter ſich nicht entſchließen kann, die Freude
des Selbſtnährens aufzuopfern, und wenn ſie dem
zarten Menſchenſprößling zumuthet, ſchon ſo frühe
die Plagen des Lebens mit ihr zu theilen. — —
Aber noch einmal, ich hoffe, das Schickſal wer-
de Dich die ſüße Mutterfreude ganz rein und mit
vollen Zügen ſchmecken laſſen. An Deiner Hei-
terkeit wird des Kindes Frohſinn zuerſt anglim-
men. Aus Deines Angeſichts Freude wird ſein
erſtes Lächeln ſich bilden. Deiner melodiſchen
Stimme, wenn Du heiter biſt, wird es horchen,
und es wird der Wohllaut in dem kleinen Weſen
geboren werden. Schreien wird es, wie jedes
andre Kind, aber nur wenn irgend ein Schmerz,
wenigſtens irgend eine Unbequemlichkeit, ihm die-
ſe Nothwehr oder Bitte um Hülfe abdringt. Die-

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[6/0020] moraliſch unſchädlich iſt, und auch körperlich ge- deihlich ſeyn kann. Es gibt ja Nahrungsmittel, die einem jungen Kinde viel zuträglicher ſind, als die Milch einer kranken Mutter, oder einer ſchlech- ten Amme. Es iſt nicht ſchöne Mutterliebe, ſon- dern Schwäche, die in ihren Folgen von der Här- te gar nicht verſchieden iſt, wenn eine kränkelnde Mutter ſich nicht entſchließen kann, die Freude des Selbſtnährens aufzuopfern, und wenn ſie dem zarten Menſchenſprößling zumuthet, ſchon ſo frühe die Plagen des Lebens mit ihr zu theilen. — — Aber noch einmal, ich hoffe, das Schickſal wer- de Dich die ſüße Mutterfreude ganz rein und mit vollen Zügen ſchmecken laſſen. An Deiner Hei- terkeit wird des Kindes Frohſinn zuerſt anglim- men. Aus Deines Angeſichts Freude wird ſein erſtes Lächeln ſich bilden. Deiner melodiſchen Stimme, wenn Du heiter biſt, wird es horchen, und es wird der Wohllaut in dem kleinen Weſen geboren werden. Schreien wird es, wie jedes andre Kind, aber nur wenn irgend ein Schmerz, wenigſtens irgend eine Unbequemlichkeit, ihm die- ſe Nothwehr oder Bitte um Hülfe abdringt. Die-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/20>, abgerufen am 22.11.2024.