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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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sie sie austheilen würde, wußt' ich vorher. Der
schwarzäugigen rothbackigen Jüngsten setzte sie
den mit dem Rosabande selbst auf. Der Aeltesten,
mit sehr zarten sanften Zügen, brachte sie den
andern. Die Art, wie sie es that, bezauberte
uns alle. An den Pfarrer, der eine äußerst ori-
ginelle Physiognomie mit starken Zügen hat, woll-
te sie Anfangs gar nicht heran. Er sah es, wie
sie zurücktrat und sich hinter mir verbarg, als er
Mathilde küßte. Er schonte sie, sah sie aber
oft mit zarter Liebe an. Mit Mathilde scherzte
er bald jovialisch, und die schien es gern zu ha-
ben. -- Es kommt selten, daß sie so bemerkt
oder gar vorgezogen wird. -- Die beiden Töchter
trugen unsere Kinder fast auf Händen. Unser
erstes Abendessen bestand aus mancherlei Speisen,
Backwerk und Früchten. Jch hatte den Kindern
zuvor nicht gesagt, ob sie von allem essen sollten,
was ihnen angeboten würde, oder ihre gewöhn-
liche Abenddiät beobachten. Es ward ihnen von
allem gereicht. Mathilde nahm alles an, und
that sich gütlich. Jda fragte: darf ich wählen?
Jch bejahte. Sie wählte von den Früchten, was

ſie ſie austheilen würde, wußt’ ich vorher. Der
ſchwarzäugigen rothbackigen Jüngſten ſetzte ſie
den mit dem Roſabande ſelbſt auf. Der Aelteſten,
mit ſehr zarten ſanften Zügen, brachte ſie den
andern. Die Art, wie ſie es that, bezauberte
uns alle. An den Pfarrer, der eine äußerſt ori-
ginelle Phyſiognomie mit ſtarken Zügen hat, woll-
te ſie Anfangs gar nicht heran. Er ſah es, wie
ſie zurücktrat und ſich hinter mir verbarg, als er
Mathilde küßte. Er ſchonte ſie, ſah ſie aber
oft mit zarter Liebe an. Mit Mathilde ſcherzte
er bald jovialiſch, und die ſchien es gern zu ha-
ben. — Es kommt ſelten, daß ſie ſo bemerkt
oder gar vorgezogen wird. — Die beiden Töchter
trugen unſere Kinder faſt auf Händen. Unſer
erſtes Abendeſſen beſtand aus mancherlei Speiſen,
Backwerk und Früchten. Jch hatte den Kindern
zuvor nicht geſagt, ob ſie von allem eſſen ſollten,
was ihnen angeboten würde, oder ihre gewöhn-
liche Abenddiät beobachten. Es ward ihnen von
allem gereicht. Mathilde nahm alles an, und
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[173/0187] ſie ſie austheilen würde, wußt’ ich vorher. Der ſchwarzäugigen rothbackigen Jüngſten ſetzte ſie den mit dem Roſabande ſelbſt auf. Der Aelteſten, mit ſehr zarten ſanften Zügen, brachte ſie den andern. Die Art, wie ſie es that, bezauberte uns alle. An den Pfarrer, der eine äußerſt ori- ginelle Phyſiognomie mit ſtarken Zügen hat, woll- te ſie Anfangs gar nicht heran. Er ſah es, wie ſie zurücktrat und ſich hinter mir verbarg, als er Mathilde küßte. Er ſchonte ſie, ſah ſie aber oft mit zarter Liebe an. Mit Mathilde ſcherzte er bald jovialiſch, und die ſchien es gern zu ha- ben. — Es kommt ſelten, daß ſie ſo bemerkt oder gar vorgezogen wird. — Die beiden Töchter trugen unſere Kinder faſt auf Händen. Unſer erſtes Abendeſſen beſtand aus mancherlei Speiſen, Backwerk und Früchten. Jch hatte den Kindern zuvor nicht geſagt, ob ſie von allem eſſen ſollten, was ihnen angeboten würde, oder ihre gewöhn- liche Abenddiät beobachten. Es ward ihnen von allem gereicht. Mathilde nahm alles an, und that ſich gütlich. Jda fragte: darf ich wählen? Jch bejahte. Sie wählte von den Früchten, was

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/187>, abgerufen am 27.11.2024.