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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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mehr, als billig ist. Eben so haßt, ja verabscheuet
er alle Ansprüche auf Standesvorzüge, und wenn
er unter zwei gleich würdigen Menschen zu wählen
hat, von welchen der eine adelich, der andere bür-
gerlich ist, so läßt er sicher den ersten sogleich ste-
hen und wählt den letzten. Höchst wahrscheinlich
ist dies die Frucht der Behandlung, die ihm in
frühern Jahren von einem seiner hohen Gönner
geworden. Vielleicht war auch der Stand seiner
frühen Liebe entgegen.

Genug, er macht seinen Rang an einem frem-
den Orte nie geltend, und ist stolz genug, durch
seine Person alles, oder nichts gelten zu wollen.
Kurz, er gibt den Edelmann zu wohlfeil weg.

Da hast Du nun ein flüchtig hingeworfenes Bild
des Mannes, von dem ich glaube, daß Woldemar's
Geist sich an dem seinigen herrlich entfalten müßte.
Sende diesen Brief Deinem Manne, und wenn
er und Du im Urtheile über diesen Menschen mit
mir zusammentreffen, und auch Er es wünscht,
daß ich die Sache einleite, so schicke mir Deinen

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mehr, als billig iſt. Eben ſo haßt, ja verabſcheuet
er alle Anſprüche auf Standesvorzüge, und wenn
er unter zwei gleich würdigen Menſchen zu wählen
hat, von welchen der eine adelich, der andere bür-
gerlich iſt, ſo läßt er ſicher den erſten ſogleich ſte-
hen und wählt den letzten. Höchſt wahrſcheinlich
iſt dies die Frucht der Behandlung, die ihm in
frühern Jahren von einem ſeiner hohen Gönner
geworden. Vielleicht war auch der Stand ſeiner
frühen Liebe entgegen.

Genug, er macht ſeinen Rang an einem frem-
den Orte nie geltend, und iſt ſtolz genug, durch
ſeine Perſon alles, oder nichts gelten zu wollen.
Kurz, er gibt den Edelmann zu wohlfeil weg.

Da haſt Du nun ein flüchtig hingeworfenes Bild
des Mannes, von dem ich glaube, daß Woldemar’s
Geiſt ſich an dem ſeinigen herrlich entfalten müßte.
Sende dieſen Brief Deinem Manne, und wenn
er und Du im Urtheile über dieſen Menſchen mit
mir zuſammentreffen, und auch Er es wünſcht,
daß ich die Sache einleite, ſo ſchicke mir Deinen

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[113/0127] mehr, als billig iſt. Eben ſo haßt, ja verabſcheuet er alle Anſprüche auf Standesvorzüge, und wenn er unter zwei gleich würdigen Menſchen zu wählen hat, von welchen der eine adelich, der andere bür- gerlich iſt, ſo läßt er ſicher den erſten ſogleich ſte- hen und wählt den letzten. Höchſt wahrſcheinlich iſt dies die Frucht der Behandlung, die ihm in frühern Jahren von einem ſeiner hohen Gönner geworden. Vielleicht war auch der Stand ſeiner frühen Liebe entgegen. Genug, er macht ſeinen Rang an einem frem- den Orte nie geltend, und iſt ſtolz genug, durch ſeine Perſon alles, oder nichts gelten zu wollen. Kurz, er gibt den Edelmann zu wohlfeil weg. Da haſt Du nun ein flüchtig hingeworfenes Bild des Mannes, von dem ich glaube, daß Woldemar’s Geiſt ſich an dem ſeinigen herrlich entfalten müßte. Sende dieſen Brief Deinem Manne, und wenn er und Du im Urtheile über dieſen Menſchen mit mir zuſammentreffen, und auch Er es wünſcht, daß ich die Sache einleite, ſo ſchicke mir Deinen (15)

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/127>, abgerufen am 25.11.2024.