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Rubens, Heinrich: Gedächtnisrede auf Friedrich Kohlrausch. Berlin, 1910.

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es ihm gelungen ist, die Reichsanstalt während dieser Zeit auf der gleichen
Höhe wissenschaftlichen Ansehens und Ruhmes zu halten, welche sie unter
seinem großen Vorgänger eingenommen hatte. Leider war jedoch Kohl-
rauschs zarte Gesundheit der großen Arbeitslast, welche ihm insbesondere
der Verwaltungsapparat des weitverzweigten Betriebes aufnötigte, auf die
Dauer nicht gewachsen. So kam es, daß er im Jahre 1905 von seinem
Amte zurücktrat, um den Rest seines Lebens der Pflege seiner Gesundheit
und der geliebten wissenschaftlichen Forschungsarbeit im stillen Labora-
torium, fernab von dem Getriebe der Großstadt, zu widmen. Er wählte
Marburg als Aufenthaltsort, welches ihm von der Jugendzeit her vertraut
war. Dort richtete ihm Professor Richarz in den Räumen des physi-
kalischen Universitätsinstituts ein gutes Privatlaboratorium ein. Von Mar-
burg aus hatte es Kohlrausch auch nicht weit zu dem ihm ans Herz
gewachsenen Jugenheim an der Bergstraße, wo er über 40 Jahre lang
gegenüber dem Wechsel seiner Aufenthaltsorte gleichsam eine zweite
ruhende Heimat gefunden hatte. Sein Gesundheitszustand hatte sich
sichtlich gebessert, und das Erscheinen einer Reihe von interessanten Ab-
handlungen bewies, daß auch seine alte Schaffensfreudigkeit nicht ge-
schwunden war. So traf Friedrich Kohlrauschs plötzlicher Tod, welcher
ihn kurz vor der Vollendung seines 70. Lebensjahres dahinraffte, seine Fach-
genossen und Freunde völlig überraschend. Zu seinem 70. Geburtstage
hatten ihm seine Schüler und Kollegen eine großartige Ehrung vorbereitet.
Das unerbittliche Schicksal hat diesen freudigen Ausdruck dankbarer Ver-
ehrung für den lebenden Forscher in eine Gedenkfeier für den großen Toten
verwandelt.


Kohlrauschs wissenschaftliche Arbeiten ließen von Anfang an die
Eigenart seiner Begabung klar und deutlich hervortreten. Zwar verfügte
er über ein bedeutendes theoretisches Wissen, welches ihm insbesondere
in der Auswahl der Probleme von Nutzen war, aber stets ist sein Ziel in
erster Linie auf die Feststellung des Tatbestandes gerichtet gewesen. Über-
raschend groß ist auch die Zahl neuer experimenteller Methoden und sinn-
reich konstruierter Meßinstrumente, mit welchen er die Physik bereichert
hat. Die Geschicklichkeit und Sorgfalt, mit welcher Kohlrausch diese
Instrumente und Methoden selbst anzuwenden verstand, ist wohl von keinem
Physiker übertroffen worden. Mit berechtigtem Stolze dürfen wir auf diesem
Gebiete unseren Friedrich Kohlrausch mit dem großen französischen


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es ihm gelungen ist, die Reichsanstalt während dieser Zeit auf der gleichen
Höhe wissenschaftlichen Ansehens und Ruhmes zu halten, welche sie unter
seinem großen Vorgänger eingenommen hatte. Leider war jedoch Kohl-
rauschs zarte Gesundheit der großen Arbeitslast, welche ihm insbesondere
der Verwaltungsapparat des weitverzweigten Betriebes aufnötigte, auf die
Dauer nicht gewachsen. So kam es, daß er im Jahre 1905 von seinem
Amte zurücktrat, um den Rest seines Lebens der Pflege seiner Gesundheit
und der geliebten wissenschaftlichen Forschungsarbeit im stillen Labora-
torium, fernab von dem Getriebe der Großstadt, zu widmen. Er wählte
Marburg als Aufenthaltsort, welches ihm von der Jugendzeit her vertraut
war. Dort richtete ihm Professor Richarz in den Räumen des physi-
kalischen Universitätsinstituts ein gutes Privatlaboratorium ein. Von Mar-
burg aus hatte es Kohlrausch auch nicht weit zu dem ihm ans Herz
gewachsenen Jugenheim an der Bergstraße, wo er über 40 Jahre lang
gegenüber dem Wechsel seiner Aufenthaltsorte gleichsam eine zweite
ruhende Heimat gefunden hatte. Sein Gesundheitszustand hatte sich
sichtlich gebessert, und das Erscheinen einer Reihe von interessanten Ab-
handlungen bewies, daß auch seine alte Schaffensfreudigkeit nicht ge-
schwunden war. So traf Friedrich Kohlrauschs plötzlicher Tod, welcher
ihn kurz vor der Vollendung seines 70. Lebensjahres dahinraffte, seine Fach-
genossen und Freunde völlig überraschend. Zu seinem 70. Geburtstage
hatten ihm seine Schüler und Kollegen eine großartige Ehrung vorbereitet.
Das unerbittliche Schicksal hat diesen freudigen Ausdruck dankbarer Ver-
ehrung für den lebenden Forscher in eine Gedenkfeier für den großen Toten
verwandelt.


Kohlrauschs wissenschaftliche Arbeiten ließen von Anfang an die
Eigenart seiner Begabung klar und deutlich hervortreten. Zwar verfügte
er über ein bedeutendes theoretisches Wissen, welches ihm insbesondere
in der Auswahl der Probleme von Nutzen war, aber stets ist sein Ziel in
erster Linie auf die Feststellung des Tatbestandes gerichtet gewesen. Über-
raschend groß ist auch die Zahl neuer experimenteller Methoden und sinn-
reich konstruierter Meßinstrumente, mit welchen er die Physik bereichert
hat. Die Geschicklichkeit und Sorgfalt, mit welcher Kohlrausch diese
Instrumente und Methoden selbst anzuwenden verstand, ist wohl von keinem
Physiker übertroffen worden. Mit berechtigtem Stolze dürfen wir auf diesem
Gebiete unseren Friedrich Kohlrausch mit dem großen französischen

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[8/0008] 6 RUBENS: es ihm gelungen ist, die Reichsanstalt während dieser Zeit auf der gleichen Höhe wissenschaftlichen Ansehens und Ruhmes zu halten, welche sie unter seinem großen Vorgänger eingenommen hatte. Leider war jedoch Kohl- rauschs zarte Gesundheit der großen Arbeitslast, welche ihm insbesondere der Verwaltungsapparat des weitverzweigten Betriebes aufnötigte, auf die Dauer nicht gewachsen. So kam es, daß er im Jahre 1905 von seinem Amte zurücktrat, um den Rest seines Lebens der Pflege seiner Gesundheit und der geliebten wissenschaftlichen Forschungsarbeit im stillen Labora- torium, fernab von dem Getriebe der Großstadt, zu widmen. Er wählte Marburg als Aufenthaltsort, welches ihm von der Jugendzeit her vertraut war. Dort richtete ihm Professor Richarz in den Räumen des physi- kalischen Universitätsinstituts ein gutes Privatlaboratorium ein. Von Mar- burg aus hatte es Kohlrausch auch nicht weit zu dem ihm ans Herz gewachsenen Jugenheim an der Bergstraße, wo er über 40 Jahre lang gegenüber dem Wechsel seiner Aufenthaltsorte gleichsam eine zweite ruhende Heimat gefunden hatte. Sein Gesundheitszustand hatte sich sichtlich gebessert, und das Erscheinen einer Reihe von interessanten Ab- handlungen bewies, daß auch seine alte Schaffensfreudigkeit nicht ge- schwunden war. So traf Friedrich Kohlrauschs plötzlicher Tod, welcher ihn kurz vor der Vollendung seines 70. Lebensjahres dahinraffte, seine Fach- genossen und Freunde völlig überraschend. Zu seinem 70. Geburtstage hatten ihm seine Schüler und Kollegen eine großartige Ehrung vorbereitet. Das unerbittliche Schicksal hat diesen freudigen Ausdruck dankbarer Ver- ehrung für den lebenden Forscher in eine Gedenkfeier für den großen Toten verwandelt. Kohlrauschs wissenschaftliche Arbeiten ließen von Anfang an die Eigenart seiner Begabung klar und deutlich hervortreten. Zwar verfügte er über ein bedeutendes theoretisches Wissen, welches ihm insbesondere in der Auswahl der Probleme von Nutzen war, aber stets ist sein Ziel in erster Linie auf die Feststellung des Tatbestandes gerichtet gewesen. Über- raschend groß ist auch die Zahl neuer experimenteller Methoden und sinn- reich konstruierter Meßinstrumente, mit welchen er die Physik bereichert hat. Die Geschicklichkeit und Sorgfalt, mit welcher Kohlrausch diese Instrumente und Methoden selbst anzuwenden verstand, ist wohl von keinem Physiker übertroffen worden. Mit berechtigtem Stolze dürfen wir auf diesem Gebiete unseren Friedrich Kohlrausch mit dem großen französischen

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Zitationshilfe: Rubens, Heinrich: Gedächtnisrede auf Friedrich Kohlrausch. Berlin, 1910, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rubens_kohlrausch_1910/8>, abgerufen am 27.11.2024.