B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
Wir werden nach dem Gesagten fernerhin blos das, was rein aus inneren Ursachen ohne jede ausserhalb des Theiles selber gelegene differenzirende Einwir- kung formal oder chemisch sich differenzirt oder auch nur grösser wird, als vererbt oder embryonal bezeichnen. Also was aus eigener Kraft wächst und sich differenzirt, schon das, was aus eigener Kraft die Fähigkeit hat, mehr Nahrung anzuziehen und sich zu assimiliren, als es verbraucht, also aus eigener Kraft zu wachsen, ist embryonal im Gegensatze zu der Vergrösserung der normalen Organe des Er- wachsenen, welche letzteren, wie wir in späteren Kapiteln dar- zulegen beabsichtigen, blos unter Einwirkung der functionellen oder anderer Reize zu weiterem Wachsthum angeregt werden können: eventuell auch, wie vielleicht die Bindesubstanzen, schon wenn ihnen durch Reizeinwirkung nur mehr Blut zuge- führt wird, sich zu vergrössern vermögen.
Die Consequenzen, die sich aus dieser Auffassung ergeben, werden weiter unten ausführlich dargelegt und begründet werden. Hier wollen wir rückwärts schreitend die Entwickelung des Ver- erbten und dann das Wesen der Vererbung selber etwas discu- tiren, so viel oder richtiger so wenig es uns mit den Kenntnissen unserer Zeit förderlich erscheint.
Die Vorbedingungen der Entwickelung sind von den wesentlichen Eigenschaften des Organischen der Stoffwechsel und die Gestaltung aus chemischen Processen. Beide sind uns unverständlich, am vollkommensten indessen das letztere Ge- schehen.
Das Wesen des Stoffwechsels besteht darin, dass im Ver- laufe der Processe, welche die Organismen darstellen, die den Process vollziehenden Bestandtheile in ihrer chemischen An- ordnung verändert werden, so dass sie zu weiterem Fortgange des Processes untauglich sind und abgeschieden werden müssen,
B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
Wir werden nach dem Gesagten fernerhin blos das, was rein aus inneren Ursachen ohne jede ausserhalb des Theiles selber gelegene differenzirende Einwir- kung formal oder chemisch sich differenzirt oder auch nur grösser wird, als vererbt oder embryonal bezeichnen. Also was aus eigener Kraft wächst und sich differenzirt, schon das, was aus eigener Kraft die Fähigkeit hat, mehr Nahrung anzuziehen und sich zu assimiliren, als es verbraucht, also aus eigener Kraft zu wachsen, ist embryonal im Gegensatze zu der Vergrösserung der normalen Organe des Er- wachsenen, welche letzteren, wie wir in späteren Kapiteln dar- zulegen beabsichtigen, blos unter Einwirkung der functionellen oder anderer Reize zu weiterem Wachsthum angeregt werden können: eventuell auch, wie vielleicht die Bindesubstanzen, schon wenn ihnen durch Reizeinwirkung nur mehr Blut zuge- führt wird, sich zu vergrössern vermögen.
Die Consequenzen, die sich aus dieser Auffassung ergeben, werden weiter unten ausführlich dargelegt und begründet werden. Hier wollen wir rückwärts schreitend die Entwickelung des Ver- erbten und dann das Wesen der Vererbung selber etwas discu- tiren, so viel oder richtiger so wenig es uns mit den Kenntnissen unserer Zeit förderlich erscheint.
Die Vorbedingungen der Entwickelung sind von den wesentlichen Eigenschaften des Organischen der Stoffwechsel und die Gestaltung aus chemischen Processen. Beide sind uns unverständlich, am vollkommensten indessen das letztere Ge- schehen.
Das Wesen des Stoffwechsels besteht darin, dass im Ver- laufe der Processe, welche die Organismen darstellen, die den Process vollziehenden Bestandtheile in ihrer chemischen An- ordnung verändert werden, so dass sie zu weiterem Fortgange des Processes untauglich sind und abgeschieden werden müssen,
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B. Erblichkeit der Wirkungen der functionellen Anpassung.
Wir werden nach dem Gesagten fernerhin blos das, was
rein aus inneren Ursachen ohne jede ausserhalb des
Theiles selber gelegene differenzirende Einwir-
kung formal oder chemisch sich differenzirt oder
auch nur grösser wird, als vererbt oder embryonal
bezeichnen. Also was aus eigener Kraft wächst und sich
differenzirt, schon das, was aus eigener Kraft die Fähigkeit
hat, mehr Nahrung anzuziehen und sich zu assimiliren, als es
verbraucht, also aus eigener Kraft zu wachsen, ist embryonal im
Gegensatze zu der Vergrösserung der normalen Organe des Er-
wachsenen, welche letzteren, wie wir in späteren Kapiteln dar-
zulegen beabsichtigen, blos unter Einwirkung der functionellen
oder anderer Reize zu weiterem Wachsthum angeregt werden
können: eventuell auch, wie vielleicht die Bindesubstanzen,
schon wenn ihnen durch Reizeinwirkung nur mehr Blut zuge-
führt wird, sich zu vergrössern vermögen.
Die Consequenzen, die sich aus dieser Auffassung ergeben,
werden weiter unten ausführlich dargelegt und begründet werden.
Hier wollen wir rückwärts schreitend die Entwickelung des Ver-
erbten und dann das Wesen der Vererbung selber etwas discu-
tiren, so viel oder richtiger so wenig es uns mit den Kenntnissen
unserer Zeit förderlich erscheint.
Die Vorbedingungen der Entwickelung sind von den
wesentlichen Eigenschaften des Organischen der Stoffwechsel
und die Gestaltung aus chemischen Processen. Beide sind uns
unverständlich, am vollkommensten indessen das letztere Ge-
schehen.
Das Wesen des Stoffwechsels besteht darin, dass im Ver-
laufe der Processe, welche die Organismen darstellen, die den
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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/69>, abgerufen am 22.07.2024.
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