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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
Unterlagen sehr gering und wir werden uns mit sehr hypothe-
tischen Erwägungen begnügen müssen.

Ueber die wirklichen Ursachen der vormaligen Gewebs-
differenzirung sind wir ohne alle Kunde, aber wir haben noch
heut zu Tage Gelegenheit, das Entstehen einiger derartiger
Differenzirungen in Folge bestimmter Ursachen zu beobachten.

So sehen wir nach einem Knochenbruche in der grossen
Entzündungsmasse, wenn die Knochenenden nicht genügend
fixirt sind, nicht blos Knochen-, sondern auch Knorpel- und
Bindegewebsbildung auftreten, welche zur Entstehung einer
Pseudarthrose, eines "falschen Gelenkes" führen. Diese Aus-
bildung specifischer Gewebe aus einer noch indifferenten An-
lage unter bestimmten Bedingungen ist ein Princip, welches
histiogenetisch und vergleichend-anatomisch von der grössten
Wichtigkeit ist; denn es würde uns eine discontinuirliche Ent-
stehung der Bildungen gleichen Gewebes, z. B. der knorpelig
vorgebildeten Skelettheile, anzunehmen gestatten und in dem
gewählten Beispiele den Befund von E. Fick1) erklären, dass
die Rippen im Embryo von Tritonen sich von vorn herein ge-
trennt von dem Axenskelet knorpelig anlegen, also nicht erst
durch secundäre Abgliederung ihre Selbständigkeit erlangen.

Auch entsteht öfter Knochen im Bindegewebe an Stel-
len, welche häufig gedrückt oder geschlagen werden, so die
sogenannten Exercierknochen2) und Reitknochen.

Alle solche Metamorphosen von Geweben sind für uns sehr
bedeutungsvoll, denn wir sehen hier wirkliche Differenzirungen
des einen Gewebes aus dem anderen und zwar nicht zufolge
der Vererbung, wie bei der Neubildung eines abgeschnittenen

1) His und Braune, Archiv f. Anatomie und Entwickelungsgesch.
1879. p. 37. Bestätigt von C. Hasse u. G. Born im Zool. Anzeiger 1879.
Nr. 21.
2) Virchow, Die krankhaften Geschwülste. Bd. II.

IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
Unterlagen sehr gering und wir werden uns mit sehr hypothe-
tischen Erwägungen begnügen müssen.

Ueber die wirklichen Ursachen der vormaligen Gewebs-
differenzirung sind wir ohne alle Kunde, aber wir haben noch
heut zu Tage Gelegenheit, das Entstehen einiger derartiger
Differenzirungen in Folge bestimmter Ursachen zu beobachten.

So sehen wir nach einem Knochenbruche in der grossen
Entzündungsmasse, wenn die Knochenenden nicht genügend
fixirt sind, nicht blos Knochen-, sondern auch Knorpel- und
Bindegewebsbildung auftreten, welche zur Entstehung einer
Pseudarthrose, eines »falschen Gelenkes« führen. Diese Aus-
bildung specifischer Gewebe aus einer noch indifferenten An-
lage unter bestimmten Bedingungen ist ein Princip, welches
histiogenetisch und vergleichend-anatomisch von der grössten
Wichtigkeit ist; denn es würde uns eine discontinuirliche Ent-
stehung der Bildungen gleichen Gewebes, z. B. der knorpelig
vorgebildeten Skelettheile, anzunehmen gestatten und in dem
gewählten Beispiele den Befund von E. Fick1) erklären, dass
die Rippen im Embryo von Tritonen sich von vorn herein ge-
trennt von dem Axenskelet knorpelig anlegen, also nicht erst
durch secundäre Abgliederung ihre Selbständigkeit erlangen.

Auch entsteht öfter Knochen im Bindegewebe an Stel-
len, welche häufig gedrückt oder geschlagen werden, so die
sogenannten Exercierknochen2) und Reitknochen.

Alle solche Metamorphosen von Geweben sind für uns sehr
bedeutungsvoll, denn wir sehen hier wirkliche Differenzirungen
des einen Gewebes aus dem anderen und zwar nicht zufolge
der Vererbung, wie bei der Neubildung eines abgeschnittenen

1) His und Braune, Archiv f. Anatomie und Entwickelungsgesch.
1879. p. 37. Bestätigt von C. Hasse u. G. Born im Zool. Anzeiger 1879.
Nr. 21.
2) Virchow, Die krankhaften Geschwülste. Bd. II.
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[167/0181] IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize. Unterlagen sehr gering und wir werden uns mit sehr hypothe- tischen Erwägungen begnügen müssen. Ueber die wirklichen Ursachen der vormaligen Gewebs- differenzirung sind wir ohne alle Kunde, aber wir haben noch heut zu Tage Gelegenheit, das Entstehen einiger derartiger Differenzirungen in Folge bestimmter Ursachen zu beobachten. So sehen wir nach einem Knochenbruche in der grossen Entzündungsmasse, wenn die Knochenenden nicht genügend fixirt sind, nicht blos Knochen-, sondern auch Knorpel- und Bindegewebsbildung auftreten, welche zur Entstehung einer Pseudarthrose, eines »falschen Gelenkes« führen. Diese Aus- bildung specifischer Gewebe aus einer noch indifferenten An- lage unter bestimmten Bedingungen ist ein Princip, welches histiogenetisch und vergleichend-anatomisch von der grössten Wichtigkeit ist; denn es würde uns eine discontinuirliche Ent- stehung der Bildungen gleichen Gewebes, z. B. der knorpelig vorgebildeten Skelettheile, anzunehmen gestatten und in dem gewählten Beispiele den Befund von E. Fick 1) erklären, dass die Rippen im Embryo von Tritonen sich von vorn herein ge- trennt von dem Axenskelet knorpelig anlegen, also nicht erst durch secundäre Abgliederung ihre Selbständigkeit erlangen. Auch entsteht öfter Knochen im Bindegewebe an Stel- len, welche häufig gedrückt oder geschlagen werden, so die sogenannten Exercierknochen 2) und Reitknochen. Alle solche Metamorphosen von Geweben sind für uns sehr bedeutungsvoll, denn wir sehen hier wirkliche Differenzirungen des einen Gewebes aus dem anderen und zwar nicht zufolge der Vererbung, wie bei der Neubildung eines abgeschnittenen 1) His und Braune, Archiv f. Anatomie und Entwickelungsgesch. 1879. p. 37. Bestätigt von C. Hasse u. G. Born im Zool. Anzeiger 1879. Nr. 21. 2) Virchow, Die krankhaften Geschwülste. Bd. II.

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/181>, abgerufen am 25.11.2024.