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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
Nahrungsflüssigkeit an, veranlasst damit ein constantes Nach-
strömen aus den Blutgefässen mit allmählicher Vermehrung der
Capillaren und zwingt so den Wirth, bei welchem er haust,
ihn mit einem Capillarnetz und zugehörigen grösseren Gefässen
zu umspinnen und dem Todfeinde die nöthige Nahrung zu geben.
Es ist nicht denkbar, dass die Flüssigkeitsansammlung im
Echinococcus und besonders das Wachsthum desselben einfach
mechanisch durch Diffusion vor sich gingen wie bei todten Sub-
stanzen, denn dazu müsste der eingeführte microscopisch kleine
Embryo ganze Haufen von Salzen enthalten, vielmal grösser
als er selber ist, und trotzdem würden sie bald alle verschwunden
und Stillstand hergestellt sein.

Die Blutgefässe der Echinococcushülle, welche der Wirth
ihm liefert, sind meist nicht gross und dies könnte Jemanden
zu Widerspruch veranlassen.

Wir sehen aber dasselbe noch evidenter bei der Ent-
wickelung der metastatischen Geschwülste
im Kör-
per. Wenn einige oder mehrere Zellen einer bösartigen Ge-
schwulst, in die Blutgefässe gelangt und mit dem Blute ver-
schleppt, irgendwo hängen geblieben sind, so ernähren sie sich
daselbst und zwingen ihre Umgebung zur ernährenden Capillar-
bildung und weiterhin zur Bildung auch grösserer Blutgefässe
für das weitere Wachsthum der Geschwulst. Auch hier haben
wir eine Selbstregulation der Blutgefässe, sowohl der in der
Geschwulst selber liegenden, als auch der im normalen befind-
lichen grösseren zu- und abführenden Gefässe je nach dem
Verbrauche der Geschwulst; und zwar an Stellen, wo die
Tendenz, dereinst diese Gefässe zu bilden, nicht vererbt sein
kann, da die Metastasen an beliebigen Stellen haften bleiben.

Dasselbe zeigt sich bei der Entwickelung des Eies
im Mutterleibe
. Wo das Ei haften bleibt und Nahrung
anzieht aus der Mutter, vermehren sich die Capillaren derselben

III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
Nahrungsflüssigkeit an, veranlasst damit ein constantes Nach-
strömen aus den Blutgefässen mit allmählicher Vermehrung der
Capillaren und zwingt so den Wirth, bei welchem er haust,
ihn mit einem Capillarnetz und zugehörigen grösseren Gefässen
zu umspinnen und dem Todfeinde die nöthige Nahrung zu geben.
Es ist nicht denkbar, dass die Flüssigkeitsansammlung im
Echinococcus und besonders das Wachsthum desselben einfach
mechanisch durch Diffusion vor sich gingen wie bei todten Sub-
stanzen, denn dazu müsste der eingeführte microscopisch kleine
Embryo ganze Haufen von Salzen enthalten, vielmal grösser
als er selber ist, und trotzdem würden sie bald alle verschwunden
und Stillstand hergestellt sein.

Die Blutgefässe der Echinococcushülle, welche der Wirth
ihm liefert, sind meist nicht gross und dies könnte Jemanden
zu Widerspruch veranlassen.

Wir sehen aber dasselbe noch evidenter bei der Ent-
wickelung der metastatischen Geschwülste
im Kör-
per. Wenn einige oder mehrere Zellen einer bösartigen Ge-
schwulst, in die Blutgefässe gelangt und mit dem Blute ver-
schleppt, irgendwo hängen geblieben sind, so ernähren sie sich
daselbst und zwingen ihre Umgebung zur ernährenden Capillar-
bildung und weiterhin zur Bildung auch grösserer Blutgefässe
für das weitere Wachsthum der Geschwulst. Auch hier haben
wir eine Selbstregulation der Blutgefässe, sowohl der in der
Geschwulst selber liegenden, als auch der im normalen befind-
lichen grösseren zu- und abführenden Gefässe je nach dem
Verbrauche der Geschwulst; und zwar an Stellen, wo die
Tendenz, dereinst diese Gefässe zu bilden, nicht vererbt sein
kann, da die Metastasen an beliebigen Stellen haften bleiben.

Dasselbe zeigt sich bei der Entwickelung des Eies
im Mutterleibe
. Wo das Ei haften bleibt und Nahrung
anzieht aus der Mutter, vermehren sich die Capillaren derselben

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[151/0165] III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. Nahrungsflüssigkeit an, veranlasst damit ein constantes Nach- strömen aus den Blutgefässen mit allmählicher Vermehrung der Capillaren und zwingt so den Wirth, bei welchem er haust, ihn mit einem Capillarnetz und zugehörigen grösseren Gefässen zu umspinnen und dem Todfeinde die nöthige Nahrung zu geben. Es ist nicht denkbar, dass die Flüssigkeitsansammlung im Echinococcus und besonders das Wachsthum desselben einfach mechanisch durch Diffusion vor sich gingen wie bei todten Sub- stanzen, denn dazu müsste der eingeführte microscopisch kleine Embryo ganze Haufen von Salzen enthalten, vielmal grösser als er selber ist, und trotzdem würden sie bald alle verschwunden und Stillstand hergestellt sein. Die Blutgefässe der Echinococcushülle, welche der Wirth ihm liefert, sind meist nicht gross und dies könnte Jemanden zu Widerspruch veranlassen. Wir sehen aber dasselbe noch evidenter bei der Ent- wickelung der metastatischen Geschwülste im Kör- per. Wenn einige oder mehrere Zellen einer bösartigen Ge- schwulst, in die Blutgefässe gelangt und mit dem Blute ver- schleppt, irgendwo hängen geblieben sind, so ernähren sie sich daselbst und zwingen ihre Umgebung zur ernährenden Capillar- bildung und weiterhin zur Bildung auch grösserer Blutgefässe für das weitere Wachsthum der Geschwulst. Auch hier haben wir eine Selbstregulation der Blutgefässe, sowohl der in der Geschwulst selber liegenden, als auch der im normalen befind- lichen grösseren zu- und abführenden Gefässe je nach dem Verbrauche der Geschwulst; und zwar an Stellen, wo die Tendenz, dereinst diese Gefässe zu bilden, nicht vererbt sein kann, da die Metastasen an beliebigen Stellen haften bleiben. Dasselbe zeigt sich bei der Entwickelung des Eies im Mutterleibe. Wo das Ei haften bleibt und Nahrung anzieht aus der Mutter, vermehren sich die Capillaren derselben

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/165>, abgerufen am 24.11.2024.