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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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B. Arten und Leistungen des Kampfes der Theile.
die thatsächliche Berechtigung der Annahmen genauer zu con-
troliren.

Es handelt sich um die Verhältnisse beim Kampfe um
den Raum
. Wenn der Raum, um welchen gekämpft wird,
ganz frei ist, so wird, wie oben geschildert, die grössere
Wachsthumsgeschwindigkeit an sich siegen. Das Ende des
Wachsthums ist allemal durch den Widerstand an den Nachbar-
theilen gegeben. Also muss Druck dem Wachsthum Schranken
setzen können. Das ist im allgemeinen sehr bekannt, aber
gleichwohl für die thierischen Organismen nicht in der Weise
bewiesen, wie es hier nöthig ist. Der Druck, von dem es be-
kannt ist, ist immer Druck, welcher ausgebreiteter auf eine
ganze Stelle mit Zellen und Blutgefässen wirkt. Da nun letztere,
insbesondere die Capillaren, leicht comprimirbar sind, so wird
den betreffenden Stellen des Gewebes die Nahrung entzogen und
dasselbe damit der Atrophie unterliegen. Hier, beim Kampfe
der einzelnen Zellen, kann natürlich eine solche Compression
der Blutgefässe nicht stattfinden; trotzdem kann wohl der Druck
der Zellen an einander in der gleichen Weise mechanisch nach-
theilig wirken, denn auch die Zelle selber ist von einem Netz-
werk mit Flüssigkeit erfüllter Räume durchzogen, welche bei
der Compression verengt werden, wodurch die Ernährung be-
einträchtigt werden muss. Dabei ist noch abgesehen von den
Nachtheilen innerer Erhöhung der Spannung für die Diffusion,
für die Protoplasmabewegung oder für die chemischen Um-
setzungen. Und auch schon im Kampf der Molekel wird das
Feld von den Besiegten nicht activ geräumt, sondern letztere
müssen verdrängt werden oder es muss dem weiteren Wachs-
thum bei der Regeneration durch den Druck Widerstand ge-
leistet werden, wie denn jeder Kampf um den Raum nur auf
mechanische Weise durch Druck entschieden werden kann.

Es erhellt nun, dass diese wichtige Eigenschaft der Wider-

B. Arten und Leistungen des Kampfes der Theile.
die thatsächliche Berechtigung der Annahmen genauer zu con-
troliren.

Es handelt sich um die Verhältnisse beim Kampfe um
den Raum
. Wenn der Raum, um welchen gekämpft wird,
ganz frei ist, so wird, wie oben geschildert, die grössere
Wachsthumsgeschwindigkeit an sich siegen. Das Ende des
Wachsthums ist allemal durch den Widerstand an den Nachbar-
theilen gegeben. Also muss Druck dem Wachsthum Schranken
setzen können. Das ist im allgemeinen sehr bekannt, aber
gleichwohl für die thierischen Organismen nicht in der Weise
bewiesen, wie es hier nöthig ist. Der Druck, von dem es be-
kannt ist, ist immer Druck, welcher ausgebreiteter auf eine
ganze Stelle mit Zellen und Blutgefässen wirkt. Da nun letztere,
insbesondere die Capillaren, leicht comprimirbar sind, so wird
den betreffenden Stellen des Gewebes die Nahrung entzogen und
dasselbe damit der Atrophie unterliegen. Hier, beim Kampfe
der einzelnen Zellen, kann natürlich eine solche Compression
der Blutgefässe nicht stattfinden; trotzdem kann wohl der Druck
der Zellen an einander in der gleichen Weise mechanisch nach-
theilig wirken, denn auch die Zelle selber ist von einem Netz-
werk mit Flüssigkeit erfüllter Räume durchzogen, welche bei
der Compression verengt werden, wodurch die Ernährung be-
einträchtigt werden muss. Dabei ist noch abgesehen von den
Nachtheilen innerer Erhöhung der Spannung für die Diffusion,
für die Protoplasmabewegung oder für die chemischen Um-
setzungen. Und auch schon im Kampf der Molekel wird das
Feld von den Besiegten nicht activ geräumt, sondern letztere
müssen verdrängt werden oder es muss dem weiteren Wachs-
thum bei der Regeneration durch den Druck Widerstand ge-
leistet werden, wie denn jeder Kampf um den Raum nur auf
mechanische Weise durch Druck entschieden werden kann.

Es erhellt nun, dass diese wichtige Eigenschaft der Wider-

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[93/0107] B. Arten und Leistungen des Kampfes der Theile. die thatsächliche Berechtigung der Annahmen genauer zu con- troliren. Es handelt sich um die Verhältnisse beim Kampfe um den Raum. Wenn der Raum, um welchen gekämpft wird, ganz frei ist, so wird, wie oben geschildert, die grössere Wachsthumsgeschwindigkeit an sich siegen. Das Ende des Wachsthums ist allemal durch den Widerstand an den Nachbar- theilen gegeben. Also muss Druck dem Wachsthum Schranken setzen können. Das ist im allgemeinen sehr bekannt, aber gleichwohl für die thierischen Organismen nicht in der Weise bewiesen, wie es hier nöthig ist. Der Druck, von dem es be- kannt ist, ist immer Druck, welcher ausgebreiteter auf eine ganze Stelle mit Zellen und Blutgefässen wirkt. Da nun letztere, insbesondere die Capillaren, leicht comprimirbar sind, so wird den betreffenden Stellen des Gewebes die Nahrung entzogen und dasselbe damit der Atrophie unterliegen. Hier, beim Kampfe der einzelnen Zellen, kann natürlich eine solche Compression der Blutgefässe nicht stattfinden; trotzdem kann wohl der Druck der Zellen an einander in der gleichen Weise mechanisch nach- theilig wirken, denn auch die Zelle selber ist von einem Netz- werk mit Flüssigkeit erfüllter Räume durchzogen, welche bei der Compression verengt werden, wodurch die Ernährung be- einträchtigt werden muss. Dabei ist noch abgesehen von den Nachtheilen innerer Erhöhung der Spannung für die Diffusion, für die Protoplasmabewegung oder für die chemischen Um- setzungen. Und auch schon im Kampf der Molekel wird das Feld von den Besiegten nicht activ geräumt, sondern letztere müssen verdrängt werden oder es muss dem weiteren Wachs- thum bei der Regeneration durch den Druck Widerstand ge- leistet werden, wie denn jeder Kampf um den Raum nur auf mechanische Weise durch Druck entschieden werden kann. Es erhellt nun, dass diese wichtige Eigenschaft der Wider-

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/107>, abgerufen am 22.11.2024.