er in Betrachtung zog, daß, daferne sie dahin ge- langte, die erste Gräfin von England zu seyn, alle seine Verdrüßlichkeiten, Sorgfalt und Freygebig- keit vergeblich seyn würde; immassen ihr Humeur so hochmüthig, als der Sultanin ihrer war, deren Nahmen sie führete; so fasste er den Schluß, sie an einem Abend, wenn sie aus der Comoedie gien- ge, aufzufangen, und aufs Land zu entführen, sei- nes Gefallens allda mit ihr zu verfahren.
Wann er aber erwoge, daß er besser thun wür- de, noch eine Weile fußfällig vor ihr zu seufftzen, und ihre Härtigkeit vielmehr mit Thränen zu erwei- chen, als sie mit einer so unanständigen Action zu erbittern, ließ er sich alle Gedancken vergehen, sein Vorhaben auszuführen, und erneuerte die vo- rigen Visiten und Complimenten. Es ver- giengen wiederum acht Monathe aufs neue, weh- render welcher Zeit der Graf nicht die geringste Ge- fälligkeit in Roxolanens Gemüth verspühren konnte; Wiewohl sie sich überaus lustig bezeigte, wie denn nichts angenehmer, als ihre Conversa- tion seyn kunnte; Daferne sich aber der Graf et- wa einiger massen familiair machen wollte, be- richtete sie ihm: Sie würde ihn Zeit ihres Lebens nicht wieder sehen, gestalt sie den Schluß gefasset, sich iederzeit innerhalb denen Gräntzen der Klugheit und Tugend zu halten, wie sie anhero gethan, er wollte sich denn, sie zu heyrathen, entschliessen. End-
lich
Roxolana,
er in Betrachtung zog, daß, daferne ſie dahin ge- langte, die erſte Graͤfin von England zu ſeyn, alle ſeine Verdruͤßlichkeiten, Sorgfalt und Freygebig- keit vergeblich ſeyn wuͤrde; immaſſen ihr Humeur ſo hochmuͤthig, als der Sultanin ihrer war, deren Nahmen ſie fuͤhrete; ſo faſſte er den Schluß, ſie an einem Abend, wenn ſie aus der Comœdie gien- ge, aufzufangen, und aufs Land zu entfuͤhren, ſei- nes Gefallens allda mit ihr zu verfahren.
Wann er aber erwoge, daß er beſſer thun wuͤr- de, noch eine Weile fußfaͤllig vor ihr zu ſeufftzen, und ihre Haͤrtigkeit vielmehr mit Thraͤnen zu erwei- chen, als ſie mit einer ſo unanſtaͤndigen Action zu erbittern, ließ er ſich alle Gedancken vergehen, ſein Vorhaben auszufuͤhren, und erneuerte die vo- rigen Viſiten und Complimenten. Es ver- giengen wiederum acht Monathe aufs neue, weh- render welcher Zeit der Graf nicht die geringſte Ge- faͤlligkeit in Roxolanens Gemuͤth verſpuͤhren konnte; Wiewohl ſie ſich uͤberaus luſtig bezeigte, wie denn nichts angenehmer, als ihre Converſa- tion ſeyn kunnte; Daferne ſich aber der Graf et- wa einiger maſſen familiair machen wollte, be- richtete ſie ihm: Sie wuͤrde ihn Zeit ihres Lebens nicht wieder ſehen, geſtalt ſie den Schluß gefaſſet, ſich iederzeit innerhalb denen Graͤntzen der Klugheit und Tugend zu halten, wie ſie anhero gethan, er wollte ſich denn, ſie zu heyrathen, entſchlieſſen. End-
lich
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Roxolana,
er in Betrachtung zog, daß, daferne ſie dahin ge-
langte, die erſte Graͤfin von England zu ſeyn, alle
ſeine Verdruͤßlichkeiten, Sorgfalt und Freygebig-
keit vergeblich ſeyn wuͤrde; immaſſen ihr Humeur
ſo hochmuͤthig, als der Sultanin ihrer war, deren
Nahmen ſie fuͤhrete; ſo faſſte er den Schluß, ſie an
einem Abend, wenn ſie aus der Comœdie gien-
ge, aufzufangen, und aufs Land zu entfuͤhren, ſei-
nes Gefallens allda mit ihr zu verfahren.
Wann er aber erwoge, daß er beſſer thun wuͤr-
de, noch eine Weile fußfaͤllig vor ihr zu ſeufftzen,
und ihre Haͤrtigkeit vielmehr mit Thraͤnen zu erwei-
chen, als ſie mit einer ſo unanſtaͤndigen Action
zu erbittern, ließ er ſich alle Gedancken vergehen,
ſein Vorhaben auszufuͤhren, und erneuerte die vo-
rigen Viſiten und Complimenten. Es ver-
giengen wiederum acht Monathe aufs neue, weh-
render welcher Zeit der Graf nicht die geringſte Ge-
faͤlligkeit in Roxolanens Gemuͤth verſpuͤhren
konnte; Wiewohl ſie ſich uͤberaus luſtig bezeigte,
wie denn nichts angenehmer, als ihre Converſa-
tion ſeyn kunnte; Daferne ſich aber der Graf et-
wa einiger maſſen familiair machen wollte, be-
richtete ſie ihm: Sie wuͤrde ihn Zeit ihres Lebens
nicht wieder ſehen, geſtalt ſie den Schluß gefaſſet,
ſich iederzeit innerhalb denen Graͤntzen der Klugheit
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Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/98>, abgerufen am 22.11.2024.
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