Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Maria, Königin von Schottland,
nathe König gewesen war: Er hatte bey seinem Le-
ben eine ansehnliche und galante Statur, also,
daß ihm an Artigkeit und Schönheit durch gantz
Schottland niemand gleich kame.

Mittlerweile schrieb der Graf Lenox an die
Königin, sie sollte Bothwel, wegen des Königs
Ermordung, verhören lassen: Diesemnach wurde
solcher Bothwel zwar vor Gericht gebracht, die
Sache untersuchet, er aber dennoch endlich von de-
nen zwölff Geschwohrnen loßgesprochen; worauf,
nachdem er sich von seinem Eh-Weibe scheiden las-
sen, sich die Königin selbst mit ihm vermählete.
Hierauf nun grieff der Adel wider ihn zum Waffen;
aber Bothwel entflohe, und die Königin ergab sich
an die Lords, welche sie gefangen nach Loch-
levin
sandten. Nach diesen wurde Bothwel
durch eine Proclamation öffentlich für den Kö-
nigs-Mörder erkläret, und tausend Cronen demje-
nigen versprochen, der ihn zum Verhafft bringen
würde; Allein er flohe übers Meer, und weil er einen
See-Räuber abgab, wurde er nach kurtzer Zeit an
der Küste von Norwegen gefangen, und nach Dän-
nemarck geführet; und als er daselbst von einigen
Schottischen Kauff-Leuten erkannt wurde, warff
man ihn in ein gemeines und abscheuliches Ge-
fängniß, in welchem verdrüßlichen Behältnisse er
14. Jahre verzappeln muste, worüber er in so star-
cke Raserey verfiele, daß er ein höchst miserables,

schmäh-

Maria, Koͤnigin von Schottland,
nathe Koͤnig geweſen war: Er hatte bey ſeinem Le-
ben eine anſehnliche und galante Statur, alſo,
daß ihm an Artigkeit und Schoͤnheit durch gantz
Schottland niemand gleich kame.

Mittlerweile ſchrieb der Graf Lenox an die
Koͤnigin, ſie ſollte Bothwel, wegen des Koͤnigs
Ermordung, verhoͤren laſſen: Dieſemnach wurde
ſolcher Bothwel zwar vor Gericht gebracht, die
Sache unterſuchet, er aber dennoch endlich von de-
nen zwoͤlff Geſchwohrnen loßgeſprochen; worauf,
nachdem er ſich von ſeinem Eh-Weibe ſcheiden laſ-
ſen, ſich die Koͤnigin ſelbſt mit ihm vermaͤhlete.
Hierauf nun grieff der Adel wider ihn zum Waffen;
aber Bothwel entflohe, und die Koͤnigin ergab ſich
an die Lords, welche ſie gefangen nach Loch-
levin
ſandten. Nach dieſen wurde Bothwel
durch eine Proclamation oͤffentlich fuͤr den Koͤ-
nigs-Moͤrder erklaͤret, und tauſend Cronen demje-
nigen verſprochen, der ihn zum Verhafft bringen
wuͤrde; Allein er flohe uͤbers Meer, und weil er einen
See-Raͤuber abgab, wurde er nach kurtzer Zeit an
der Kuͤſte von Norwegen gefangen, und nach Daͤn-
nemarck gefuͤhret; und als er daſelbſt von einigen
Schottiſchen Kauff-Leuten erkannt wurde, warff
man ihn in ein gemeines und abſcheuliches Ge-
faͤngniß, in welchem verdruͤßlichen Behaͤltniſſe er
14. Jahre verzappeln muſte, woruͤber er in ſo ſtar-
cke Raſerey verfiele, daß er ein hoͤchſt miſerables,

ſchmaͤh-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0078" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Maria,</hi> Ko&#x0364;nigin von Schottland,</hi></fw><lb/>
nathe Ko&#x0364;nig gewe&#x017F;en war: Er hatte bey &#x017F;einem Le-<lb/>
ben eine an&#x017F;ehnliche und <hi rendition="#aq">galante Statur,</hi> al&#x017F;o,<lb/>
daß ihm an Artigkeit und Scho&#x0364;nheit durch gantz<lb/>
Schottland niemand gleich kame.</p><lb/>
          <p>Mittlerweile &#x017F;chrieb der Graf <hi rendition="#aq">Lenox</hi> an die<lb/>
Ko&#x0364;nigin, &#x017F;ie &#x017F;ollte <hi rendition="#aq">Bothwel,</hi> wegen des Ko&#x0364;nigs<lb/>
Ermordung, verho&#x0364;ren la&#x017F;&#x017F;en: Die&#x017F;emnach wurde<lb/>
&#x017F;olcher <hi rendition="#aq">Bothwel</hi> zwar vor Gericht gebracht, die<lb/>
Sache unter&#x017F;uchet, er aber dennoch endlich von de-<lb/>
nen zwo&#x0364;lff Ge&#x017F;chwohrnen loßge&#x017F;prochen; worauf,<lb/>
nachdem er &#x017F;ich von &#x017F;einem Eh-Weibe &#x017F;cheiden la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, &#x017F;ich die Ko&#x0364;nigin &#x017F;elb&#x017F;t mit ihm verma&#x0364;hlete.<lb/>
Hierauf nun grieff der Adel wider ihn zum Waffen;<lb/>
aber <hi rendition="#aq">Bothwel</hi> entflohe, und die Ko&#x0364;nigin ergab &#x017F;ich<lb/>
an die <hi rendition="#aq">Lords,</hi> welche &#x017F;ie gefangen nach <hi rendition="#aq">Loch-<lb/>
levin</hi> &#x017F;andten. Nach die&#x017F;en wurde <hi rendition="#aq">Bothwel</hi><lb/>
durch eine <hi rendition="#aq">Proclamation</hi> o&#x0364;ffentlich fu&#x0364;r den Ko&#x0364;-<lb/>
nigs-Mo&#x0364;rder erkla&#x0364;ret, und tau&#x017F;end Cronen demje-<lb/>
nigen ver&#x017F;prochen, der ihn zum Verhafft bringen<lb/>
wu&#x0364;rde; Allein er flohe u&#x0364;bers Meer, und weil er einen<lb/>
See-Ra&#x0364;uber abgab, wurde er nach kurtzer Zeit an<lb/>
der Ku&#x0364;&#x017F;te von Norwegen gefangen, und nach Da&#x0364;n-<lb/>
nemarck gefu&#x0364;hret; und als er da&#x017F;elb&#x017F;t von einigen<lb/>
Schotti&#x017F;chen Kauff-Leuten erkannt wurde, warff<lb/>
man ihn in ein gemeines und ab&#x017F;cheuliches Ge-<lb/>
fa&#x0364;ngniß, in welchem verdru&#x0364;ßlichen Beha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e er<lb/>
14. Jahre verzappeln mu&#x017F;te, woru&#x0364;ber er in &#x017F;o &#x017F;tar-<lb/>
cke Ra&#x017F;erey verfiele, daß er ein ho&#x0364;ch&#x017F;t <hi rendition="#aq">mi&#x017F;erabl</hi>es,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chma&#x0364;h-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0078] Maria, Koͤnigin von Schottland, nathe Koͤnig geweſen war: Er hatte bey ſeinem Le- ben eine anſehnliche und galante Statur, alſo, daß ihm an Artigkeit und Schoͤnheit durch gantz Schottland niemand gleich kame. Mittlerweile ſchrieb der Graf Lenox an die Koͤnigin, ſie ſollte Bothwel, wegen des Koͤnigs Ermordung, verhoͤren laſſen: Dieſemnach wurde ſolcher Bothwel zwar vor Gericht gebracht, die Sache unterſuchet, er aber dennoch endlich von de- nen zwoͤlff Geſchwohrnen loßgeſprochen; worauf, nachdem er ſich von ſeinem Eh-Weibe ſcheiden laſ- ſen, ſich die Koͤnigin ſelbſt mit ihm vermaͤhlete. Hierauf nun grieff der Adel wider ihn zum Waffen; aber Bothwel entflohe, und die Koͤnigin ergab ſich an die Lords, welche ſie gefangen nach Loch- levin ſandten. Nach dieſen wurde Bothwel durch eine Proclamation oͤffentlich fuͤr den Koͤ- nigs-Moͤrder erklaͤret, und tauſend Cronen demje- nigen verſprochen, der ihn zum Verhafft bringen wuͤrde; Allein er flohe uͤbers Meer, und weil er einen See-Raͤuber abgab, wurde er nach kurtzer Zeit an der Kuͤſte von Norwegen gefangen, und nach Daͤn- nemarck gefuͤhret; und als er daſelbſt von einigen Schottiſchen Kauff-Leuten erkannt wurde, warff man ihn in ein gemeines und abſcheuliches Ge- faͤngniß, in welchem verdruͤßlichen Behaͤltniſſe er 14. Jahre verzappeln muſte, woruͤber er in ſo ſtar- cke Raſerey verfiele, daß er ein hoͤchſt miſerables, ſchmaͤh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/78
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/78>, abgerufen am 24.11.2024.