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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Johanna Shore,

Aus dem Character, nach welchem wir den
König bereits beschrieben haben, ist leichtlich abzu-
nehmen, was für starcke Versuchungen eine Dame
von so raren Eigenschafften bey einer Person, die
selbsten Esprit und ein gutes Naturell besaß, er-
wecket haben muß. Da er nun eine gute Weile
gesessen und der Madame Shore liebreitzendes
Wesen genau betrachtet hatte, und von der Lieb-
lichkeit ihrer bezaubernden Zungen gantz aus sich
selbsten gesetzet war, nahm er, wiewohl unwillig,
seinen Abschied, und beschlosse bey sich selbsten, die-
ses unschätzbare Kleinod, es koste auch was es wol-
le, zu erkauffen und den völligen und freyen Besitz
darvon zu tragen. Sich demnach bey ihr zu in-
sinui
ren und sie durch geschickte Lock-Speisen in
seine Arme zu ziehen, gieng er mit dem Lord Ha-
stings
zu Rath, was am besten zu thun sey. Als
Se. Gnaden ihres Herrn, des Königs Anliegen ver-
spühreten, vermeldeten sie ihm mit einem liebkosen-
den Lächeln, sie wollten ihm bald darzu beförderlich
seyn. Es war eine Frau, Nahmens Blague, eine
Hof-Posamentirerin, die war der Madame
Shore
Nachbarin und vertraute Freundin; Diese
besuchten einander offte, und vertrieben sich Abends
die Zeit immer mit einander. Sie war eine sehr
durchtriebene Frau, und ihr goldfarbenes Hertze
sollte des Geldes wegen nicht nur ihre beste Freun-
din, sondern auch ihre eigene Tochter verrathen und

ver-
Johanna Shore,

Aus dem Character, nach welchem wir den
Koͤnig bereits beſchrieben haben, iſt leichtlich abzu-
nehmen, was fuͤr ſtarcke Verſuchungen eine Dame
von ſo raren Eigenſchafften bey einer Perſon, die
ſelbſten Eſprit und ein gutes Naturell beſaß, er-
wecket haben muß. Da er nun eine gute Weile
geſeſſen und der Madame Shore liebreitzendes
Weſen genau betrachtet hatte, und von der Lieb-
lichkeit ihrer bezaubernden Zungen gantz aus ſich
ſelbſten geſetzet war, nahm er, wiewohl unwillig,
ſeinen Abſchied, und beſchloſſe bey ſich ſelbſten, die-
ſes unſchaͤtzbare Kleinod, es koſte auch was es wol-
le, zu erkauffen und den voͤlligen und freyen Beſitz
darvon zu tragen. Sich demnach bey ihr zu in-
ſinui
ren und ſie durch geſchickte Lock-Speiſen in
ſeine Arme zu ziehen, gieng er mit dem Lord Ha-
ſtings
zu Rath, was am beſten zu thun ſey. Als
Se. Gnaden ihres Herrn, des Koͤnigs Anliegen ver-
ſpuͤhreten, vermeldeten ſie ihm mit einem liebkoſen-
den Laͤcheln, ſie wollten ihm bald darzu befoͤrderlich
ſeyn. Es war eine Frau, Nahmens Blague, eine
Hof-Poſamentirerin, die war der Madame
Shore
Nachbarin und vertraute Freundin; Dieſe
beſuchten einander offte, und vertrieben ſich Abends
die Zeit immer mit einander. Sie war eine ſehr
durchtriebene Frau, und ihr goldfarbenes Hertze
ſollte des Geldes wegen nicht nur ihre beſte Freun-
din, ſondern auch ihre eigene Tochter verrathen und

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[42/0062] Johanna Shore, Aus dem Character, nach welchem wir den Koͤnig bereits beſchrieben haben, iſt leichtlich abzu- nehmen, was fuͤr ſtarcke Verſuchungen eine Dame von ſo raren Eigenſchafften bey einer Perſon, die ſelbſten Eſprit und ein gutes Naturell beſaß, er- wecket haben muß. Da er nun eine gute Weile geſeſſen und der Madame Shore liebreitzendes Weſen genau betrachtet hatte, und von der Lieb- lichkeit ihrer bezaubernden Zungen gantz aus ſich ſelbſten geſetzet war, nahm er, wiewohl unwillig, ſeinen Abſchied, und beſchloſſe bey ſich ſelbſten, die- ſes unſchaͤtzbare Kleinod, es koſte auch was es wol- le, zu erkauffen und den voͤlligen und freyen Beſitz darvon zu tragen. Sich demnach bey ihr zu in- ſinuiren und ſie durch geſchickte Lock-Speiſen in ſeine Arme zu ziehen, gieng er mit dem Lord Ha- ſtings zu Rath, was am beſten zu thun ſey. Als Se. Gnaden ihres Herrn, des Koͤnigs Anliegen ver- ſpuͤhreten, vermeldeten ſie ihm mit einem liebkoſen- den Laͤcheln, ſie wollten ihm bald darzu befoͤrderlich ſeyn. Es war eine Frau, Nahmens Blague, eine Hof-Poſamentirerin, die war der Madame Shore Nachbarin und vertraute Freundin; Dieſe beſuchten einander offte, und vertrieben ſich Abends die Zeit immer mit einander. Sie war eine ſehr durchtriebene Frau, und ihr goldfarbenes Hertze ſollte des Geldes wegen nicht nur ihre beſte Freun- din, ſondern auch ihre eigene Tochter verrathen und ver-

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/62>, abgerufen am 24.11.2024.