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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Die heimlichen Liebes-Geschichte
nicht meine Gedancken allemal zugleich
einen Tritt zurück nach ihnen zu thun
sollen: Denn das Andencken von ihnen
hat auch abwesend die Gewalt, alle Freu-
de in mir zu erneuern, und den Nebel der
Traurigkeit zu vertreiben: und dieses
mit solcher Würckung, (so starck ist die
Macht der Einbildung!) als ob ich mich
würcklich in dero Gegenwart befände.
Daferne sie für iedwedes Hundert Ge-
dancken, die ich ihnen gewiedmet, nur ei-
nen auf mich gewendet haben, so bin ich
zufrieden: Weil ich glaube, daß meiner
Liebe keine andere, an so hohen
Graden,
beykommen könne, noch einiger Stand
so glückselig, als dieser sey, daß ich bin,

Mademoiselle,

Dero
ergebenster Diener
Ibrahim Ahmet.

Sie ergriff diesen Brieff mit begierigen Händen,
und hatte ihn nicht so bald gelesen, als sie ihn zu tau-
sendmalen küssete, und hernach in ihren Bussen
steckte: Weil er gleichsam, nach ihren Gedancken,
der unschätzbarste Schatz auf Erden war, und da-

her

Die heimlichen Liebes-Geſchichte
nicht meine Gedancken allemal zugleich
einen Tritt zuruͤck nach ihnen zu thun
ſollen: Denn das Andencken von ihnen
hat auch abweſend die Gewalt, alle Freu-
de in mir zu erneuern, und den Nebel der
Traurigkeit zu vertreiben: und dieſes
mit ſolcher Wuͤrckung, (ſo ſtarck iſt die
Macht der Einbildung!) als ob ich mich
wuͤrcklich in dero Gegenwart befaͤnde.
Daferne ſie fuͤr iedwedes Hundert Ge-
dancken, die ich ihnen gewiedmet, nur ei-
nen auf mich gewendet haben, ſo bin ich
zufrieden: Weil ich glaube, daß meiner
Liebe keine andere, an ſo hohen
Graden,
beykommen koͤnne, noch einiger Stand
ſo gluͤckſelig, als dieſer ſey, daß ich bin,

Mademoiſelle,

Dero
ergebenſter Diener
Ibrahim Ahmet.

Sie ergriff dieſen Brieff mit begierigen Haͤnden,
und hatte ihn nicht ſo bald geleſen, als ſie ihn zu tau-
ſendmalen kuͤſſete, und hernach in ihren Buſſen
ſteckte: Weil er gleichſam, nach ihren Gedancken,
der unſchaͤtzbarſte Schatz auf Erden war, und da-

her
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[540/0560] Die heimlichen Liebes-Geſchichte nicht meine Gedancken allemal zugleich einen Tritt zuruͤck nach ihnen zu thun ſollen: Denn das Andencken von ihnen hat auch abweſend die Gewalt, alle Freu- de in mir zu erneuern, und den Nebel der Traurigkeit zu vertreiben: und dieſes mit ſolcher Wuͤrckung, (ſo ſtarck iſt die Macht der Einbildung!) als ob ich mich wuͤrcklich in dero Gegenwart befaͤnde. Daferne ſie fuͤr iedwedes Hundert Ge- dancken, die ich ihnen gewiedmet, nur ei- nen auf mich gewendet haben, ſo bin ich zufrieden: Weil ich glaube, daß meiner Liebe keine andere, an ſo hohen Graden, beykommen koͤnne, noch einiger Stand ſo gluͤckſelig, als dieſer ſey, daß ich bin, Mademoiſelle, Dero ergebenſter Diener Ibrahim Ahmet. Sie ergriff dieſen Brieff mit begierigen Haͤnden, und hatte ihn nicht ſo bald geleſen, als ſie ihn zu tau- ſendmalen kuͤſſete, und hernach in ihren Buſſen ſteckte: Weil er gleichſam, nach ihren Gedancken, der unſchaͤtzbarſte Schatz auf Erden war, und da- her

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/560>, abgerufen am 24.11.2024.