Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Der Capitain P - - r, sahe, beobachtete ihr Herr solches: Er lag ihr da-hero an, sie möchte ihm die Ursache eröffnen. J - - schiene nicht geneigt, seinem Begehren zu willfah- ren; welches ihn in seinem Nachforschen noch be- gieriger machte. Nach einer Weile zoge sie, mit etlichen tieffen Seufftzern, und gleichsam wider ih- ren Willen, den Ring und andere Merckzeichen, die ihm nicht unbekannt waren, aus ihrem Schubsack heraus; Und indem sie einige Thränen fallen liesse, vermeldete sie ihm, was massen ihre Frau nicht nur ihn, sondern auch sie beleidiget, angesehen sie sei- nem Diener, der ihr die Ehe versprochen, auf eine allzu verschwenderische und unanständige Weise ih- re Gunst geniessen lassen: daß, seit dem seine ver- stohlene Löffeleyen mit ihrer Frau unter Händen gewesen, er, seinen Verlobungen und Versprechen entgegen, sich von ihr abgeneiget, wo nicht gäntzlich abspenstig machen lassen. Jhrem Herrn kam die- ser Handel anfangs gantz unglaublich vor, der bey seinem Weibe iederzeit nichts anders, als eine sitt- same, gehorsame und tugendhaffte Aufführung ver- spühret. Als J - - sahe, daß er unschlüßig und zweiffelmüthig wäre, gedachte sie es Zeit zu seyn, sich kein Blatt vor das Maul zu nehmen, sondern das, was sie gesaget, augenscheinlich zu erweisen, und sagte: Wenn mein Herr diesen sichtli- chen Kennzeichen keinen Glauben bey- messen will, so erdichte er nur eine Ent- schul-
Der Capitain P ‒ ‒ r, ſahe, beobachtete ihr Herr ſolches: Er lag ihr da-hero an, ſie moͤchte ihm die Urſache eroͤffnen. J ‒ ‒ ſchiene nicht geneigt, ſeinem Begehren zu willfah- ren; welches ihn in ſeinem Nachforſchen noch be- gieriger machte. Nach einer Weile zoge ſie, mit etlichen tieffen Seufftzern, und gleichſam wider ih- ren Willen, den Ring und andere Merckzeichen, die ihm nicht unbekannt waren, aus ihrem Schubſack heraus; Und indem ſie einige Thraͤnen fallen lieſſe, vermeldete ſie ihm, was maſſen ihre Frau nicht nur ihn, ſondern auch ſie beleidiget, angeſehen ſie ſei- nem Diener, der ihr die Ehe verſprochen, auf eine allzu verſchwenderiſche und unanſtaͤndige Weiſe ih- re Gunſt genieſſen laſſen: daß, ſeit dem ſeine ver- ſtohlene Loͤffeleyen mit ihrer Frau unter Haͤnden geweſen, er, ſeinen Verlobungen und Verſprechen entgegen, ſich von ihr abgeneiget, wo nicht gaͤntzlich abſpenſtig machen laſſen. Jhrem Herrn kam die- ſer Handel anfangs gantz unglaublich vor, der bey ſeinem Weibe iederzeit nichts anders, als eine ſitt- ſame, gehorſame und tugendhaffte Auffuͤhrung ver- ſpuͤhret. Als J ‒ ‒ ſahe, daß er unſchluͤßig und zweiffelmuͤthig waͤre, gedachte ſie es Zeit zu ſeyn, ſich kein Blatt vor das Maul zu nehmen, ſondern das, was ſie geſaget, augenſcheinlich zu erweiſen, und ſagte: Wenn mein Herr dieſen ſichtli- chen Kennzeichen keinen Glauben bey- meſſen will, ſo erdichte er nur eine Ent- ſchul-
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Der Capitain P ‒ ‒ r,
ſahe, beobachtete ihr Herr ſolches: Er lag ihr da-
hero an, ſie moͤchte ihm die Urſache eroͤffnen. J ‒ ‒
ſchiene nicht geneigt, ſeinem Begehren zu willfah-
ren; welches ihn in ſeinem Nachforſchen noch be-
gieriger machte. Nach einer Weile zoge ſie, mit
etlichen tieffen Seufftzern, und gleichſam wider ih-
ren Willen, den Ring und andere Merckzeichen, die
ihm nicht unbekannt waren, aus ihrem Schubſack
heraus; Und indem ſie einige Thraͤnen fallen lieſſe,
vermeldete ſie ihm, was maſſen ihre Frau nicht nur
ihn, ſondern auch ſie beleidiget, angeſehen ſie ſei-
nem Diener, der ihr die Ehe verſprochen, auf eine
allzu verſchwenderiſche und unanſtaͤndige Weiſe ih-
re Gunſt genieſſen laſſen: daß, ſeit dem ſeine ver-
ſtohlene Loͤffeleyen mit ihrer Frau unter Haͤnden
geweſen, er, ſeinen Verlobungen und Verſprechen
entgegen, ſich von ihr abgeneiget, wo nicht gaͤntzlich
abſpenſtig machen laſſen. Jhrem Herrn kam die-
ſer Handel anfangs gantz unglaublich vor, der bey
ſeinem Weibe iederzeit nichts anders, als eine ſitt-
ſame, gehorſame und tugendhaffte Auffuͤhrung ver-
ſpuͤhret. Als J ‒ ‒ ſahe, daß er unſchluͤßig und
zweiffelmuͤthig waͤre, gedachte ſie es Zeit zu ſeyn,
ſich kein Blatt vor das Maul zu nehmen, ſondern
das, was ſie geſaget, augenſcheinlich zu erweiſen,
und ſagte: Wenn mein Herr dieſen ſichtli-
chen Kennzeichen keinen Glauben bey-
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Zitationshilfe: | Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/540>, abgerufen am 16.02.2025. |