Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und Madame Latch.
Kind, eines Ritters Tochter, welche von allen, die
sie nur ansahen, bewundert wurde. Nichts ist in
wichtigen Angelegenheiten nachtheiliger, als Ver-
zug: Dahero machte sie nicht lange Federlesens,
sondern hinterbrachte ihr Absehen alsbald des jun-
gen Fräuleins ihren Eltern. Diese, erwegende, was
für ein vortheilhafftes und nützliches Bündniß ih-
nen angetragen werde, schätzten sichs für eine grosse
Ehre, ihren Vorschlag einzugehen. Alleine, sagte
die alte Matrone, wir müssen sehr behut-
sam in der Sache gehen, und ihn, zu
Verbannung seiner vorigen Neigungen
nicht zu übertäuben suchen, sondern alle
Sachen so anstellen, daß er freywillig ins
Garn gehet, ohne gewahr zu werden
daß iemand von uns die Hand im Spiel
hat.
Es war der Unterscheid zwischen dieses Rit-
ters Tochter und der kleinstädtischen Margaretha
schon sehr mercklich, und demnach nur nöthig, de[n]
verrückten Liebhaber nach und nach zur Raison z[u]
bringen, biß ihm seine eigene Observation di[e]
grosse Ungleichheit zwischen einem Adelichen, schö[-]
nen und qualificirten Engels-Bild, und einer mi[t]
Mist beklunckerten Bauer-Dirne, von selbste[n]
erkennen liesse: Sie ersuchte derohalben des Ri[t-]
ters Ehe-Liebste, daß dieselbe ihrer Tochter erla[u-]
ben möchte, aus guter Nachbarschafft öffters [in]
ihrem Hause einzusprechen: Weßwegen wir,

sagte

und Madame Latch.
Kind, eines Ritters Tochter, welche von allen, die
ſie nur anſahen, bewundert wurde. Nichts iſt in
wichtigen Angelegenheiten nachtheiliger, als Ver-
zug: Dahero machte ſie nicht lange Federleſens,
ſondern hinterbrachte ihr Abſehen alsbald des jun-
gen Fraͤuleins ihren Eltern. Dieſe, erwegende, was
fuͤr ein vortheilhafftes und nuͤtzliches Buͤndniß ih-
nen angetragen werde, ſchaͤtzten ſichs fuͤr eine groſſe
Ehre, ihren Vorſchlag einzugehen. Alleine, ſagte
die alte Matrone, wir muͤſſen ſehr behut-
ſam in der Sache gehen, und ihn, zu
Verbannung ſeiner vorigen Neigungen
nicht zu uͤbertaͤuben ſuchen, ſondern alle
Sachen ſo anſtellen, daß er freywillig ins
Garn gehet, ohne gewahr zu werden
daß iemand von uns die Hand im Spiel
hat.
Es war der Unterſcheid zwiſchen dieſes Rit-
ters Tochter und der kleinſtaͤdtiſchen Margaretha
ſchon ſehr mercklich, und demnach nur noͤthig, de[n]
verruͤckten Liebhaber nach und nach zur Raiſon z[u]
bringen, biß ihm ſeine eigene Obſervation di[e]
groſſe Ungleichheit zwiſchen einem Adelichen, ſchoͤ[-]
nen und qualificirten Engels-Bild, und einer mi[t]
Miſt beklunckerten Bauer-Dirne, von ſelbſte[n]
erkennen lieſſe: Sie erſuchte derohalben des Ri[t-]
ters Ehe-Liebſte, daß dieſelbe ihrer Tochter erla[u-]
ben moͤchte, aus guter Nachbarſchafft oͤffters [in]
ihrem Hauſe einzuſprechen: Weßwegen wir,

ſagte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0511" n="491"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und <hi rendition="#aq">Madame Latch.</hi></hi></fw><lb/>
Kind, eines Ritters Tochter, welche von allen, die<lb/>
&#x017F;ie nur an&#x017F;ahen, bewundert wurde. Nichts i&#x017F;t in<lb/>
wichtigen Angelegenheiten nachtheiliger, als Ver-<lb/>
zug: Dahero machte &#x017F;ie nicht lange Federle&#x017F;ens,<lb/>
&#x017F;ondern hinterbrachte ihr Ab&#x017F;ehen alsbald des jun-<lb/>
gen Fra&#x0364;uleins ihren Eltern. Die&#x017F;e, erwegende, was<lb/>
fu&#x0364;r ein vortheilhafftes und nu&#x0364;tzliches Bu&#x0364;ndniß ih-<lb/>
nen angetragen werde, &#x017F;cha&#x0364;tzten &#x017F;ichs fu&#x0364;r eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Ehre, ihren Vor&#x017F;chlag einzugehen. <hi rendition="#fr">Alleine,</hi> &#x017F;agte<lb/>
die alte <hi rendition="#aq">Matrone,</hi> <hi rendition="#fr">wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehr behut-<lb/>
&#x017F;am in der Sache gehen, und ihn, zu<lb/>
Verbannung &#x017F;einer vorigen Neigungen<lb/>
nicht zu u&#x0364;berta&#x0364;uben &#x017F;uchen, &#x017F;ondern alle<lb/>
Sachen &#x017F;o an&#x017F;tellen, daß er freywillig ins<lb/>
Garn gehet, ohne gewahr zu werden<lb/>
daß iemand von uns die Hand im Spiel<lb/>
hat.</hi> Es war der Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen die&#x017F;es Rit-<lb/>
ters Tochter und der klein&#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Margaretha</hi><lb/>
&#x017F;chon &#x017F;ehr mercklich, und demnach nur no&#x0364;thig, de<supplied>n</supplied><lb/>
verru&#x0364;ckten Liebhaber nach und nach zur <hi rendition="#aq">Rai&#x017F;on</hi> z<supplied>u</supplied><lb/>
bringen, biß ihm &#x017F;eine eigene <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervation</hi> di<supplied>e</supplied><lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Ungleichheit zwi&#x017F;chen einem Adelichen, &#x017F;cho&#x0364;<supplied>-</supplied><lb/>
nen und <hi rendition="#aq">qualificir</hi>ten Engels-Bild, und einer mi<supplied>t</supplied><lb/>
Mi&#x017F;t beklunckerten Bauer-Dirne, von &#x017F;elb&#x017F;te<supplied>n</supplied><lb/>
erkennen lie&#x017F;&#x017F;e: Sie er&#x017F;uchte derohalben des Ri<supplied>t-</supplied><lb/>
ters Ehe-Lieb&#x017F;te, daß die&#x017F;elbe ihrer Tochter erla<supplied>u-</supplied><lb/>
ben mo&#x0364;chte, aus guter Nachbar&#x017F;chafft o&#x0364;ffters <supplied>in</supplied><lb/>
ihrem Hau&#x017F;e einzu&#x017F;prechen: <hi rendition="#fr">Weßwegen wir,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;agte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[491/0511] und Madame Latch. Kind, eines Ritters Tochter, welche von allen, die ſie nur anſahen, bewundert wurde. Nichts iſt in wichtigen Angelegenheiten nachtheiliger, als Ver- zug: Dahero machte ſie nicht lange Federleſens, ſondern hinterbrachte ihr Abſehen alsbald des jun- gen Fraͤuleins ihren Eltern. Dieſe, erwegende, was fuͤr ein vortheilhafftes und nuͤtzliches Buͤndniß ih- nen angetragen werde, ſchaͤtzten ſichs fuͤr eine groſſe Ehre, ihren Vorſchlag einzugehen. Alleine, ſagte die alte Matrone, wir muͤſſen ſehr behut- ſam in der Sache gehen, und ihn, zu Verbannung ſeiner vorigen Neigungen nicht zu uͤbertaͤuben ſuchen, ſondern alle Sachen ſo anſtellen, daß er freywillig ins Garn gehet, ohne gewahr zu werden daß iemand von uns die Hand im Spiel hat. Es war der Unterſcheid zwiſchen dieſes Rit- ters Tochter und der kleinſtaͤdtiſchen Margaretha ſchon ſehr mercklich, und demnach nur noͤthig, den verruͤckten Liebhaber nach und nach zur Raiſon zu bringen, biß ihm ſeine eigene Obſervation die groſſe Ungleichheit zwiſchen einem Adelichen, ſchoͤ- nen und qualificirten Engels-Bild, und einer mit Miſt beklunckerten Bauer-Dirne, von ſelbſten erkennen lieſſe: Sie erſuchte derohalben des Rit- ters Ehe-Liebſte, daß dieſelbe ihrer Tochter erlau- ben moͤchte, aus guter Nachbarſchafft oͤffters in ihrem Hauſe einzuſprechen: Weßwegen wir, ſagte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/511
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/511>, abgerufen am 25.11.2024.