ter ohne Tochter zurück. Es währete nicht lange, so nahm der Vetter seinen Abschied; Alsdenn halff sie ihm gar säuberlich aus dem Traum, und zwar auf eine solche Weise, daß er gäntzlich dafür hielte, es sey schwerlich der geringste Kerl iemals so gering- schätzig tractiret worden: Denn, damit er sich nicht vielleicht in seinen Gedancken betrügen, und der Mutter eine unrechte Meynung auf bürden möchte, welche man für eine falsche Auflage oder ungegrün- deten Argwohn auslegen dürffte, fieng er an, mit aller Submission, nach der Ursache ihres Mißver- gnügens zu forschen; da sie ihn aber alsbald mit einem ergrimmten Blick also anschnautzte: Mein Monsieur,was habt ihr hier zu schaffen? Warum geht ihr nicht aus meinem Hau- se hinweg? Jch bedarff solcher Gäste gar nicht!
Dieses war ihr erstes Compliment, welches ihn so bestürtzt machte, daß er eine gute Weile nicht reden kunnte; Und wäre mancher an seiner Stelle gewesen, und solchergestalt auf ihn loßgestürmet worden, so ist kein Zweiffel, er würde sich für Entse- tzen in eine Saltz-Säule verwandelt haben, und wenn er auch der politeste Mensch von der Welt gewesen wäre: Denn, ungeachtet seiner langmü- thig-bezeigten Höflichkeit, sieng sie wieder an: Packt euch aus meinem Hause, ihr ver- drüßlicher Kerl! Denn wenn ihr gleich
auf-
und Mad. Broughton.
ter ohne Tochter zuruͤck. Es waͤhrete nicht lange, ſo nahm der Vetter ſeinen Abſchied; Alsdenn halff ſie ihm gar ſaͤuberlich aus dem Traum, und zwar auf eine ſolche Weiſe, daß er gaͤntzlich dafuͤr hielte, es ſey ſchwerlich der geringſte Kerl iemals ſo gering- ſchaͤtzig tractiret worden: Denn, damit er ſich nicht vielleicht in ſeinen Gedancken betruͤgen, und der Mutter eine unrechte Meynung auf buͤrden moͤchte, welche man fuͤr eine falſche Auflage oder ungegruͤn- deten Argwohn auslegen duͤrffte, fieng er an, mit aller Submisſion, nach der Urſache ihres Mißver- gnuͤgens zu forſchen; da ſie ihn aber alsbald mit einem ergrimmten Blick alſo anſchnautzte: Mein Monſieur,was habt ihr hier zu ſchaffen? Warum geht ihr nicht aus meinem Hau- ſe hinweg? Jch bedarff ſolcher Gaͤſte gar nicht!
Dieſes war ihr erſtes Compliment, welches ihn ſo beſtuͤrtzt machte, daß er eine gute Weile nicht reden kunnte; Und waͤre mancher an ſeiner Stelle geweſen, und ſolchergeſtalt auf ihn loßgeſtuͤrmet worden, ſo iſt kein Zweiffel, er wuͤrde ſich fuͤr Entſe- tzen in eine Saltz-Saͤule verwandelt haben, und wenn er auch der politeſte Menſch von der Welt geweſen waͤre: Denn, ungeachtet ſeiner langmuͤ- thig-bezeigten Hoͤflichkeit, ſieng ſie wieder an: Packt euch aus meinem Hauſe, ihr ver- druͤßlicher Kerl! Denn wenn ihr gleich
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und Mad. Broughton.
ter ohne Tochter zuruͤck. Es waͤhrete nicht lange,
ſo nahm der Vetter ſeinen Abſchied; Alsdenn halff
ſie ihm gar ſaͤuberlich aus dem Traum, und zwar
auf eine ſolche Weiſe, daß er gaͤntzlich dafuͤr hielte,
es ſey ſchwerlich der geringſte Kerl iemals ſo gering-
ſchaͤtzig tractiret worden: Denn, damit er ſich
nicht vielleicht in ſeinen Gedancken betruͤgen, und der
Mutter eine unrechte Meynung auf buͤrden moͤchte,
welche man fuͤr eine falſche Auflage oder ungegruͤn-
deten Argwohn auslegen duͤrffte, fieng er an, mit
aller Submisſion, nach der Urſache ihres Mißver-
gnuͤgens zu forſchen; da ſie ihn aber alsbald mit
einem ergrimmten Blick alſo anſchnautzte: Mein
Monſieur, was habt ihr hier zu ſchaffen?
Warum geht ihr nicht aus meinem Hau-
ſe hinweg? Jch bedarff ſolcher Gaͤſte gar
nicht!
Dieſes war ihr erſtes Compliment, welches
ihn ſo beſtuͤrtzt machte, daß er eine gute Weile nicht
reden kunnte; Und waͤre mancher an ſeiner Stelle
geweſen, und ſolchergeſtalt auf ihn loßgeſtuͤrmet
worden, ſo iſt kein Zweiffel, er wuͤrde ſich fuͤr Entſe-
tzen in eine Saltz-Saͤule verwandelt haben, und
wenn er auch der politeſte Menſch von der Welt
geweſen waͤre: Denn, ungeachtet ſeiner langmuͤ-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/465>, abgerufen am 17.07.2024.
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